Leseranwalt

Ohne Internet keine Umfrage

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Aus drehscheibe 02/2024

Die Redaktion macht eine Umfrage, es geht um ein Pro und Kontra zu christlichen Kreuzen in Behörden. Das Verwaltungsgericht soll entscheiden – und unsere Leser sollen es auch. Doch, und das ist die Krux mit dem Kreuz, es geht nur online. Ein QR-Code leitet via Smartphone zur Abstimmung. Eigentlich ganz einfach – und doch schlagen die Wellen hoch.

„Ich will mitmachen und habe kein Internet“, klagen an diesem Tage viele Anrufer. Sie sind zumeist älter, hängen an ihrer gedruckten Tageszeitung und wollen oder vor allem können sich nicht ins Internet klicken.

Und so erreichen die Leseranwältin an solchen Tagen viele Anrufe. Die Leserinnen und Leser befürchten, sie müssten bald aufs E-Paper wechseln, was sie oft nicht wollen oder gar nicht können. Wir diskutieren, wie wichtig ihnen die gedruckte Zeitung ist. Aber ich erkläre auch, dass es keine Diskriminierung ist, wenn man nicht alle Angebote nutzen kann. Nein, unsere treuen Printleser bedeuten uns etwas und die Redaktion versteht, dass man lieb gewordene Gewohnheiten nicht gerne aufgibt. Die Zeitung am Frühstückstisch ist vielen Menschen wichtig.

Zur Wahrheit gehört aber auch dazu: Das E-Paper hat viele Vorteile. Es kommt schon am Vorabend, gleichzeitig mit der „Tagesschau“. In der Nacht erfährt es Updates und ist früh brandaktuell. Dass es bei teuren Vertriebswegen, hohen Papier- und Energiepreisen auch für Verlage sehr interessant ist, ihre Kunden so zuverlässig bedienen zu können, sollte dabei nicht verschwiegen werden. Am anderen Ende des Telefons ist das Erstaunen groß, wenn die Anrufer erfahren, dass es durch die Digitalisierung möglich ist, in Echtzeit zu erfahren, welche Artikel auf besonderes Leserinteresse stoßen. Das hilft bei der Themensuche doch sehr.

Es tröstet die Leserinnen und Leser auch, wenn sie erfahren, dass niemand zur Nutzung eines Tablets, eines Smartphones oder eines Computers gezwungen wird. Aber wer weiß? Vielleicht ist irgendwann dann doch der Wunsch, sich an einer Online-Umfrage zu beteiligen, bei dem einen oder der anderen so groß, dass er hilft, auch die „Hürde“ Internet zu überwinden?

 

Kerstin Dolde

Autorin

Kerstin Dolde ist Leseranwältin der Frankenpost und der Neuen Presse Coburg.
Telefon 09281 – 81 61 00
E-Mail leseranwalt@frankenpost.de

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