Fiene checkt

Lokales auf Linkedin

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Linkedin bringt inzwischen auch mehr Inhaltliches. (Foto: AdobeStock/wichayada)
Linkedin bringt inzwischen auch mehr Inhaltliches. (Foto: AdobeStock/wichayada)

Auf welchen sozialen Netzwerken muß eine Medienmarke aktiv sein? Diese Frage ist für Social-Media-Kollegen und die Digital-Strategen der Redaktion ein ständiger Begleiter. Anfang des Jahres haben einige Medienmarken eilig erste Konzepte für Clubhouse umgesetzt. Das Team Checkpoint vom Berliner Tagesspiegel hatte beispielsweise die eigene Community zum Bezirksbattle der Hauptstadt geladen. Immer wieder taucht in diesem Jahr die Frage nach TikTok auf — auch etwas für meine Lokalredaktion? Mit Funke und der Rheinischen Post haben inzwischen einige Regionalmedien ihre ersten Erfahrungen gesammelt. Doch am Ende läuft es nicht reibungslos: Entweder schreckt die Erfolglosigkeit der Plattform beim deutschen Publikum (Hallo Clubhouse!) oder der Kanalbetrieb erweist sich als Zeitfresser (Hallo TikTok!).

Es gibt aber einen heißen Kandidaten — von vielen Redaktionen unbeachtet, aber deutlich mehr Erfolg versprechend: Das Berufsnetzwerk Linkedin. Wenn Sie schon länger nicht mehr bei Xing und Linkedin eingetaucht sind, werden Sie die Netzwerke noch als Adressbuch für berufliche Kontakte kennen oder als Anlaufstelle für alle, die sich beruflich verändern wollen. Nicht wenige Medienunternehmen präsentieren sich dort als Arbeitgeber oder verlängern ihre Employer-Branding-Kampagnen.

Doch mittlerweile sieht der Alltag auf Xing und Linkedin anders aus. Sie wollen die digitale Anlaufstelle für die Arbeitswelt sein. In den letzten Jahren haben sie neue Funktionen eingeführt, die auf dieses Ziel einzahlen. Der Fokus liegt auf Inhalten — das scheinen viele Medien noch nicht mitbekommen zu haben. Die User bekommen neue Werkzeuge an der Hand, um auf den Plattformen zu publizieren und eine eigene Community aufzubauen. Besonders die Linkedin-Nutzerschaft nimmt die neuen Werkzeuge sehr aktiv an. Diese werden nicht nur zur Unternehmenskommunikation genutzt. Es entstehen Angebote, die mit Inhalten Produkte oder spezialisierte Themen begleiten. Neben beruflicher Vernetzung und Karriereplanung weiten inzwischen viele Linkedin-Mitglieder ihre Aktivitäten auf der Plattform rund um den beruflichen Alltag aus. Zu ihren beruflichen Themen suchen sie Information, Inspiration und Austausch. Nach dem Motto: Alles rund um den Job findet auf Linkedin statt. Nach Feierabend geht es zu Instagram.

„Linkedin hat gerade einen Moment. Wenn sie den gut nutzen, können sie viel gewinnen. Ich nehme wahr, dass sie viel von der Facebook-Nutzung von denjenigen übernehmen, die es in einem halbberuflichen Kontext genutzt haben”, sagte mir Kollege Dennis Horn, der unter anderem für die ARD über Digitalthemen berichtet, als wir in einer Folge des „Was mit Medien”-Podcasts über das Netzwerk sprachen. Zu Gast war auch Franziska Bluhm, Digitalstrategin und ehemalige Chefredakteurin der Wirtschaftswoche Online: „Linkedin hat in den letzten Jahren eine extreme Entwicklung hingelegt, die auch von der Nutzerschaft angenommen wird. Es finden dort Debatten und fachliche Inhalte statt. Meiner Meinung nach wird Linkedin gerade von Journalisten noch wahnsinnig unterschätzt.“

 

Was für Linkedin spricht:

  • Linkedin ist mittlerweile ein sehr aktives Netzwerk. Da die User im beruflichen Kontext agieren, ist der Ton freundlich und professionell. Es gibt auch Stimmen, denen es inzwischen vielleicht ein bisschen zu freundlich ist. 

  • Unternehmen haben die Möglichkeit Unterseiten anzulegen, denen Linkedin-User folgen können. Software-Hersteller nutzen die Möglichkeit, um für ihre Produkte Anlaufstellen zu schaffen. Ein Kunde kann so entscheiden, ob er Updates zum Unternehmen oder zum Produkt folgen möchte. Analog dazu können auch Medienhäuser für ihre Medienmarken Unterseiten anlegen, die inhaltlich bespielt werden. 

  • Die Plattform-Architektur macht es Seitenbetreibern leicht, eigene strategische Ziele zu erreichen. Sei es der Aufbau einer bestimmten Audience, die gezielt mit Digital-Abo-Angeboten angesprochen werden soll, oder das Ziel Reichweite. Die Linkpostings funktionieren gut und sorgen für mehr Traffic auf der eigenen Webseite. 

  • Die Pflege einer Linkedin-Seite funktioniert ähnlich wie die einer Facebook-Seite. Das Social-Team müsste keine neue Struktur schaffen, sondern kann parallel zu Facebook auch bei Linkedin posten.

  • Auf Linkedin haben die Inhalte eine längere Halbwertszeit. Statt nur wenige Stunden oder gar ein Tag, leben die Inhalte für mehrere Tage. Erfolgreiche Linkedin-Seiten benötigen also nur einige Postings in der Woche, statt viele am Tag.

  • Übrigens: In einer Woche sind laut ARD-ZDF-Onlinestudie jede Woche vier Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung (ab 13 Jahren) auf Linkedin aktiv. Bei Tiktok sind es nur drei Prozent. Auch der Anteil, der für Sie relevanten Zielgruppe ist natürlich aktuell auf Linkedin deutlich größer.
(Foto: AdobeStock/abcmedia)
(Foto: AdobeStock/abcmedia)

Die ersten Schritte

  • Für Medienmarken macht es wenig Sinn, einfach die eigene Themen- oder Nachrichtenlage abzubilden. Geben Sie dem Auftritt ihrer Lokalredaktion einen bestimmten Fokus. Überlegen Sie: Wer ist mein Publikum? Für wen mache ich das? Was will es mitnehmen? Wie ist die Ansprechhaltung? Ein Fokus könnte sein, dass eine Lokalredaktion die Themen postet, die mit dem eigenen beruflichen Alltag zu tun haben. Von der Verkehrsplanung für Pendler, Veränderungen im ÖPNV, bis hin zu Betreuungsangeboten für Kinder in den Schulferien. Alternativ könnte Medienmarken sich auf lokale Wirtschafts- und Unternehmensthemen fokussieren.

  • Wie oft Sie etwas posten sollen, hängt vom Aktivitätsgrad der Zielgruppe ab. Grundsätzlich ist die Frequenz deutlich niedriger als in anderen Netzwerken. Wichtiger ist Regelmäßigkeit. 

  • Vermeiden Sie es, lediglich eine Linkschleuder anzubieten: Wer nur Links postet und dazu maximal den Teaser abschreibt, lockt die User nicht zur Interaktion. Für den Erfolg sind auch Dialog und eine aktive Followerschaft nötig. Linkpostings sind erfolgreicher, wenn der User erfährt, warum die Redaktion das Thema beschäftigt, wie es ihn betrifft oder wenn Kontext geliefert wird — und auch hier sollte natürlich Dialog mitgedacht werden. 

  • Erfolgreiche LinkedIn-Auftritte setzen auf unterschiedliche Darstellungsformen. Grundsätzlich gilt: Ausprobieren, testen, hinterfragen und verbessern.

Fazit

Ja, wenn Sie demnächst über Ihre Social-Ziele für 2022 nachdenken, empfehle ich Ihnen auch einen Blick auf Linkedin. Die Anforderungen an eine Lokalredaktion sind vergleichsweise gering. Wenn Sie einen guten Fokus liefern, werden Sie es deutlich einfacher haben, ein neues Publikum zu erreichen und Ihre Ziele zu erreichen.

Mein Tipp

Wenn Sie im Team einen Themenspezialisten haben, oder die Redaktionsleitung positionieren möchten: Persönlichen Accounts steht auch eine interessante Artikel- und Newsletter-Funktion zur Verfügung. Schreiben Sie als Lokalchefin beispielsweise jede Woche einen Newsletter, könnten Sie diesen auch über Ihr Profil anbieten und verschicken. Die Zweitverwertung ist nicht sehr aufwendig und kann Ihnen viele neue Empfänger bescheren. Newsletter und Linkedin passen sehr gut zusammen.

Mehr Hintergrund:

Daniel Fiene

ist Medienjournalist und Begründer des Podcasts „Was mit Medien“.

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