„KI ist wuchtig“
von Stefan Wirner
Schon wieder ein neues Tool? Noch ein zusätzlicher Kanal? Und jetzt auch noch KI? Die digitale Transformation schlaucht, angesichts des rasanten Wandels raucht manchen Journalistinnen und Journalisten der Kopf. Also ist Resilienz gefragt. Aber was können Redaktionsleitungen tun, um ihre Kolleginnen und Kollegen zu stärken? Darüber sprachen wir mit Michael Husarek, Chefredakteur der Nürnberger Nachrichten. Das Interview soll auch auf die Veranstaltungsreihe der Bundeszentrale für politische Bildung mit der VOCER Local Innovation News Academy (LINA) hinweisen. Das Programm zielt darauf ab, die digitale Resilienz von Medienschaffenden zu stärken und ihnen neue Tools und Methoden an die Hand zu geben. Zur Workshop-Reihe.
Herr Husarek, KI ist in aller Munde. Manche befürchten das Ende des Journalismus, wie wir ihn kennen, Marie Todeskino von Ippen.digital sieht eher Möglichkeiten zur Rettung des Lokaljournalismus. (Siehe drehscheibe-Debatte) Liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen?
KI ist zunächst eine Erweiterung unseres Handwerkskastens. Wenn man KI als zusätzliches Tool betrachtet, schwindet auch das scheinbar Übermächtige. Ich begegne den Möglichkeiten, die sich auftun, offen. KI kann uns helfen, viele Tätigkeiten zu beschleunigen, Routinearbeiten der Redaktion abzunehmen. Am Ende haben die Reporter mehr Zeit, um auf die Straße zu gehen. Damit festigen wir unser Alleinstellungsmerkmal. Denn lokale Recherchen wird KI nicht übernehmen können.
Für Journalistinnen und Journalisten kommt nun eine neue Aufgabe hinzu. Neben den zahlreichen Tools und Kanälen muss nun auch der Umgang mit KI erprobt werden. Wie bewältigen Redaktionen das im Redaktionsalltag?
Das ist in der Tat herausfordernd. Die KI ist meines Erachtens zu wuchtig, um sie nebenher zu „erledigen“. Gefragt sind aus meiner Sicht deshalb Arbeitsgruppen in den Medienhäusern. Bei uns im Verlag sind die wesentlichen Aktivitäten gebündelt – in der „KI-Space“ Dort wird auch über den Nutzen der KI-Tool für die Redaktion gesprochen.
Warum ist dabei das Thema Resilienz so wichtig?
Resilienz ist das wohl am häufigsten unterschätzte Thema beim Transformationsprozess in unserer Branche. Mir begegnen jedenfalls immer wieder Kolleginnen und Kollegen, die dem Tempo des Wandels nicht ohne Weiteres standhalten. Ich kann das durchaus nachvollziehen, je kürzer die Intervalle zwischen Innovationen verlaufen, desto mehr kann das als Druck wahrgenommen werden. Insofern hilft eine hohe psychische Widerstandskraft enorm.
Wie kann diese Resilienz erreicht werden? Welche Aufgabe fällt dabei Redaktionsleitungen zu?
Der erste Punkt ist nach meiner Wahrnehmung die Selbsterkenntnis. Nur wenn ich mir bewusst mache, dass all die Veränderungen mir auch viel abverlangen, kann ich nach Methoden suchen, die mir einen besseren Umgang ermöglichen. Einfach nur zu sagen „Mir ist das zu viel“ hilft dagegen nicht weiter. Der Job der Redaktionsleitung ist es wiederum entsprechenden Hilfsangebote aufzuzeigen. Das kann von Coaching bis zu Seminaren reichen. Oder, noch viel niedrigschwelliger, einfach mit den Betroffenen reden und Verständnis zeigen. Mein Eindruck: Je empathischer eine Führungskraft reagiert, desto mehr wächst die Resilienz. Sich hinzustellen und zu sagen „Da müsst ihr durch“ hilft nicht wirklich. Zu erklären, warum die nächste Veränderung sein muss und auch die Möglichkeit von Fehlern seitens der Redaktionsleitung einzuräumen, dagegen schon.
Werden wir auch in zehn Jahren noch schreiben, recherchieren, kommentieren?
Definitiv. Ich war noch nie jemand, der in die Weltuntergangsstimmung unserer Branche eingestimmt hat. Selbstverständlich wird es auch in zehn Jahren qualitativ hochwertigen Journalismus geben. Eine Einschränkung mache: Wir müssen es schon schaffen, relevante Inhalte zu präsentieren. Und unter Relevanz verstehe ich das, was unsere Audiences auf den diversen Kanälen erwarten. Da liegt noch viel Arbeit vor uns.
Interview: Stefan Wirner
Interesse an der Workshop-Reihe zum Thema-Resilienz? Die Anmeldung ist noch bis zum 14. März möglich. Mehr Infos gibt es hier.
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