Die Welt übersetzen
von Christina Quast
aus drehscheibe 04/2022
Die gegenwärtige Zeit ist geprägt von weltweiten Krisen, die sich bis in die lokale Berichterstattung auswirken: Klimawandel, Corona-Pandemie und Krieg in der Ukraine. Das bedeutet, dass sich auch Lokalredaktionen immer mehr mit internationalen – und bestenfalls ursprünglichen – Quellen befassen können, etwa mit Studien auf Englisch, russischen Reden oder Nachrichten aus China. Derartig vielsprachig ist aber kaum eine Lokalredaktion besetzt, deshalb hilft das Online-Tool DeepL (mit maschineller Übersetzung und zweckmäßigen Funktionen), die Arbeit mit fremdsprachigen Texten und Dateien zu erleichtern.
Generell kann DeepL mit 26 Sprachen umgehen, vor allem europäische Sprachen – von Bulgarisch bis Ungarisch – sind vertreten, aber mit Russisch, Japanisch, vereinfachtem Chinesisch, amerikanischem Englisch und brasilianischem Portugiesisch ist DeepL auch global gut ausgestattet.
Das kann DeepL
Wie von Google oder Microsoft Translate bekannt, kann der digitale Service die Sprachen in beliebiger Kombination und Richtung übersetzen: Im linken Feld den fremdsprachigen Text einfügen und im rechten Feld gibt es die Übersetzung in der gewählten Sprache – das ist das Prinzip, das bei DeepL bis 5.000 Zeichen auch kostenlos funktioniert. Erwähnenswert ist, dass das Werkzeug im Browser funktioniert, sich als Programm für den Desktop herunterladen und als App installieren lässt. Und: Die verfügbaren Varianten unterscheiden sich in den Funktionen durchaus.
DeepL im Browser
Dem genannten Grundprinzip hat DeepL im Browser noch ein paar Funktionen hinzugefügt – zum Beispiel ein Glossar, um eigene Übersetzungen für bestimmte Wörter festzulegen. Bis zu zehn Einträge sind in der kostenlosen Version möglich, um Fachbegriffe oder feste Wendungen zu übersetzen – etwa „Sonderoperation“ als „Krieg“. DeepL liefert auch alternative Vorschläge für Übersetzungen; so wird aus der „deadline“ die deutsche „Frist“, und zusätzlich werden die Wörter „Termin“ und „Stichtag“ vorgeschlagen. Für den Satz „Deadline is today“ sind es die Formulierungen „Die Frist läuft heute ab“ und „Der Stichtag ist heute“. Mit der Pro-Version kann man auch einstellen, ob die Anredeform formell oder informell sein soll – also du oder Sie –, sofern es in der gewählten Sprache unterschieden wird.
Die fertige Übersetzung lässt sich mit einem Klick kopieren oder als Link teilen, per Mail oder in Twitter und Facebook. Man kann sich den Text auch in der Ausgangs- und Zielsprache vorlesen lassen und die Übersetzung mit einem Daumen nach oben oder unten bewerten, um den Dienst noch zu verbessern.
Zusätzlich kann DeepL vollständige Dateien im Browser übersetzen, sofern es sich um PDF-, Word- oder PowerPoint-Dokumente handelt. Der Clou ist, dass die Übersetzung im bestehenden Layout erfolgt: Alle Schriftarten und Formatierungen bleiben erhalten – nur die Sprache ändert sich. Diese praktische Funktion ist auch in der kostenlosen Version vorhanden, aber auf drei Dokumente mit bis zu 5 MB und 100.000 Zeichen beschränkt.
DeepL auf dem Desktop
Das Programm für den Desktop bietet angepasste Funktionen. So ist es möglich, Tastenkombinationen für das Übersetzen festzulegen, sodass man Texte nicht hin und her kopieren muss. Das ist hilfreich bei der Arbeit, denn markierte Texte werden mit einer Tastenkombination ins DeepL-Programm geschickt und umgekehrt öffnet sich das Feld mit der Übersetzung in dem Dokument, in dem man gerade aktiv ist. Mit den jeweiligen Buttons „einfügen in …“ oder „einfügen und ersetzen“ wird die Übersetzung an die ursprüngliche Stelle übernommen.
Eine weitere Option ist „Text aus Screenshot übersetzen“, die man auch mit einer Tastenkombination starten kann: Der Mauszeiger verwandelt sich in ein Kreuz, um den gewünschten Ausschnitt auf dem Bildschirm zu markieren, und schon wird der enthaltene Text übersetzt. Das Desktop-Programm bietet auch noch mehr alternative Vorschläge als im Browser – dafür muss man das betreffende Wort anklicken. Es öffnet sich eine Liste mit allen Alternativen. Beim Übersetzen von PDF-Dateien ist es zudem möglich, den Text aus dem Layout zu extrahieren – mit dem Effekt, dass kein Datenaustausch mit Adobe nötig ist. Die Art der Übersetzung von PDF und die Tastenkombinationen kann man übrigens in den Einstellungen definieren.
DeepL als App
Die App ist eine minimalistische Browser-Version. So ist hauptsächlich das Übersetzen von Ausgangs- in Zielsprache möglich, ohne zusätzlich Funktionen wie Glossar und Alternativen. Nicht möglich ist das Übersetzen von Dateien. Dafür funktioniert hier das Speichern von Übersetzungen für später, eine Option, die im Desktop-Programm nur mit der Pro-Version klappt. Um Texte in unbegrenzter Länge und mehr Dateien zu übersetzen, kostet DeepL ab 6 Euro pro Monat und Nutzer.
Fazit
DeepL ist ein praktisches Werkzeug, um Texte zuverlässig zu übersetzen. Zu empfehlen ist das Desktop-Programm, das das Übersetzen mit Tastenkombinationen und Buttons ohne lästiges Kopieren und Einfügen erledigt und bei den Alternativen noch vielfältiger ist. So können auch Lokalredaktionen gut mit fremdsprachigem Material und Quellen umgehen, die relevant sind.
Christina Quast
berichtet als freie Journalistin über digitale Tools und Themen und ist seit Mitte 2018 für den Blog „Journalisten Tools“ verantwortlich. Für Journalisten gibt sie auch Seminare und organisiert Barcamps.
Mail: quast@journalisten-tools.de
Internet: www.journalisten-tools.de
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