Internetwerkstatt

Toolbox gegen Fakes

von

aus drehscheibe 08/2022

Was tun, um als Journalist nicht auf gefälschte Bilder und Filme hereinzufallen, etwa bei Themen wie dem Krieg in der Ukraine, bei Verbrechen oder Naturkatastrophen? Eine Antwort lautet: das Verification Plugin von InVID und WeVerify installieren. Die Browser-Erweiterung ist ein Schweizer Taschenmesser für Redaktionen, um Fotos und Videos in sozialen Netzwerken oder auf Websites zu prüfen. Denn einmal installiert, öffnet das Verification Plugin eine umfangreiche Auswahl von passenden Werkzeugen, ohne dass man die verschiedenen Online-Tools einzeln starten oder das Material kopieren oder speichern muss. Das spart auch in Lokalredaktionen viel Zeit beim Überprüfen von Bildern und Filmen.

Der Praxis-Check 

Einziger Nachteil des kostenlosen Hilfsmittels: Das Verification Plug­in ist derzeit nur in Englisch, Französisch, Spanisch und Griechisch zu haben und in der aktuellen Version nur für den Chrome-Browser im Angebot. Beim Klick auf die Erweiterung, die mit „Fake News Debunker“ bezeichnet ist, öffnet sich ein zusätzliches Menü im Browser, um die Toolbox, den Assistant oder den Classroom auszuwählen. Für die praktische Arbeit sollten Journalistinnen und Journalisten die Toolbox oder den Assistant anklicken.

Die Werkzeugkiste 

In der Toolbox finden sich – sortiert nach Foto, Video, Suche und Datenanalyse – verschiedene Online-Werkzeuge, die bei der Verifikation helfen. Wesentlich ist die sogenannte Rückwärtssuche für Bilder, die Suchmaschinen wie Google, Bing und Yandex anbieten. Diese Suche zeigt, wie lange und wo sich identische Bilder schon im Netz finden. Denn häufig wird Material verwendet, das älter ist oder von anderen Orten stammt, um Fake News zu verbreiten. So tauchen zum Krieg in der Ukraine immer wieder Fotos und Videos auf, die schon vor dem russischen Angriff online standen und von anderen Armeen oder Gefechten stammen.

Die Multi-Rückwärtssuche 

Bei Fotos wählt man das „Magnifier“-Tool und gibt die Bildadresse ein oder lädt die Bilddatei hoch. Anschließend wird das Foto dargestellt mit direkten Links zu verschiedenen Rückwärtssuchen, sodass man nicht jede Suchseite aufrufen und das Foto einfügen muss. Zusätzlich gibt es eine Lupe, um das Bild nach Details und Manipulationen absuchen zu können. Hier gehen die Werkzeuge „OCR“ und „Forensic“ noch mehr in die Tiefe: Die Optical Character Recognition – kurz OCR – findet Text im Bild und „Forensic“ kann durch technische Filter auf Bearbeitungen hinweisen und die verdächtigen Stellen anzeigen.

Weil es noch keine Rückwärtssuche für Videos gibt, müssen mit dem Verification Plugin zunächst Standbilder erzeugt werden. Das übernehmen die Tools „Thumbnails“ (nur für YouTube) und „Keyframes“ für YouTube, Face­book und Twitter. Die extrahierten Standbilder können nun direkt in verschiedenen Rückwärtssuchen für Bilder geprüft werden.

Die Metaebene 

Jeweils für Fotos und Videos gibt es auch noch die Werkzeuge „Analysis“ und „Metadaten“, die einerseits verfügbare Daten wie Zeit, Gerät und mehr zur Aufnahme auslesen können und andererseits noch Kontext aus den sozialen Netzwerken zusammenfassen – beispielsweise Profilinformationen, Reaktionen und Kommentare. Separat ausgewiesen werden Kommentare, die Links oder Stichwörter zur Verifikation enthalten wie „Fake“ oder „Check“.

Ergänzend findet sich im Reiter „Suche“ noch das Tool „XNetwork“, eine Suchmaschine, die gleich in zehn sozialen Netzwerken nach Beiträgen und Bildern zu einem Begriff sucht – von den Klassikern Facebook, Instagram, YouTube und TikTok über das russische VKontakte bis zum anonymen und fragwürdigen 4chan.

Das Fazit 

Neben der umfangreichen Toolbox gibt es noch den Assistant, welcher die passenden Werkzeuge vorschlägt, sobald man eine Website eingegeben oder eine Datei hochgeladen hat. Zudem erläutert ein Tutorial auch jedes Werkzeug in der Toolbox, denn im Verification Plugin werden auch neue Tools ergänzt. Wer sich mit Verifikation noch nicht gut genug auskennt, kann sich anhand der Demo mit einigen Beispielen zu Rückwärtssuche und Forensics und dem Classroom, einem kompakten Online-Kurs mit Material, Quiz und Spiel, ins Thema Fake News einarbeiten.

Das Verfication Plugin, das AFP und Deutsche Welle mitentwickelt haben, ist eine Werkzeugkiste mit allen Standardtools für Redaktionen, um das Prüfen von Fotos und Videos möglichst effizient und somit auch für Lokalredaktionen möglich zu machen. Die Erweiterung ist kostenlos und ohne Registrierung nutzbar – lediglich für einige fortgeschrittene Tools muss man sich freischalten lassen, um Missbrauch und Rechenkapazitäten zu reduzieren.

Links

Zu InVid: www.t1p.de/invid-plugin

Rückwärtssuche für Bilder in der drehscheibe-Internetwerkstatt:
www.t1p.de/ds-rueckwaertssuche

Christina Quast

Christina Quast

berichtet als freie Journalistin über digitale Tools und Themen und ist seit Mitte 2018 für den Blog „Journalisten Tools“ verantwortlich. Für Journalisten gibt sie auch Seminare und organisiert Barcamps.

Mail: quast@journalisten-tools.de
Internet: www.journalisten-tools.de

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