Internetwerkstatt

Zeitlose Politik online

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aus drehscheibe 07/2020

Im Juli und August finden keine Sitzungen im Deutschen Bundestag statt – es ist Sommerpause. Auf Berichterstattung über das Parlament und die Abgeordneten müssen Redaktionen aber nicht verzichten, denn es gibt Online-Portale mit gesammelten Daten und Informationen, um aktuelle und zeitlose Berichte für die sitzungsfreie Zeit im Bundestag zu entwickeln.

Was sagen die Abgeordneten?

„Darüber spricht der Bundestag“ ist eine Daten-Analyse von Zeit online, die alle gehaltenen Reden – inklusive der Zwischenrufe – im Parlament von 1949 bis 2019 umfasst. Die Datenbasis mit mehr als 200 Millionen Wörtern wurde anlässlich von 70 Jahren Bundestag geschaffen und ist für die Leser und auch Journalisten vollständig durchsuchbar. In die Suchmaske von „Darüber spricht der Bundestag“ kann man bis zu fünf Begriffe eintragen und miteinander vergleichen – zum Beispiel „Epidemie“ und „Pandemie“.

In einer interaktiven Grafik zeigt sich die Häufigkeit der gesuchten Begriffe im Lauf der Zeit – pro Jahr werden die absolute Anzahl und die Anzahl pro 100.000 Wörter eingeblendet. „Epidemie“ wird erstmals 1961 erwähnt und 2014 insgesamt 44 Mal gesagt, während „Pandemie“ bis 1993 nicht genannt ist und 2006 immerhin 22 Mal besprochen wird. Schon beim Eintippen werden die Begriffe automatisch mit vorhandenen Wörtern ergänzt und zusätzlich wird auch die Häufigkeit im Bundestag angezeigt: „Pandemie“ hat 55 Treffer und acht ähnliche Begriffe wie „Pandemievorsorge“ oder „Pandemieplan“, die insgesamt 63 Mal im Bundestag genannt wurden. Im Vergleich haben die Abgeordneten deutlich mehr über „Epidemie“ und abgeleitete Begriffe geredet – nämlich über 600 Mal.

Journalisten in Lokalredaktionen können auch Namen von Orten und Kreisen suchen, um zu prüfen, wann und wie häufig die eigene Region im Bundestag angesprochen wurde. Ebenso können die Namen der Abgeordneten aus den lokalen Wahlkreisen ein Suchbegriff sein, denn in der Datenanalyse sind auch die Redner enthalten. Für die inhaltlichen Zusammenhänge und die vollständigen Beiträge muss man aber selbst in den 4.216 Plenarprotokollen nachschlagen, die der Deutsche Bundestag online zugänglich macht.

Was tun die Abgeordneten?

Die regionalen Abgeordneten im Bundestag, im EU-Parlament und in den Parlamenten der Bundesländer finden Journalisten auch bei „Abgeordnetenwatch“ – und zwar mit einigen zusätzlichen Informationen, die während der Sommerpause für Redaktionen interessant sein können. Anhand von Postleitzahlen oder Namen werden die Abgeordneten in den Parlamenten angezeigt und mit einem umfangreichen, aber übersichtlichen Profil präsentiert. Hier sind alle Antworten auf Fragen dokumentiert, die Nutzer über „Abgeordnetenwatch“ an die Politiker stellen können. In den öffentlichen und noch offenen Antworten können Lokalredaktionen auch Ideen für die Berichterstattung finden. Zumal sich der Antwort-Status direkt nach „beantwortet“, „nicht beantwortet“ und „Standard-Antwort“ filtern lässt. Auch das Abstimmverhalten in den Parlamenten ist im Profil chronologisch gesammelt und lässt sich mit Filtern wie „dafür gestimmt“, „dagegen gestimmt“, „enthalten“ und „nicht beteiligt“ ordnen.

Überdies werden die Nebentätigkeiten von Abgeordneten aufgelistet – so ist Augustus Intelligence Inc., die Firma der Lobbyismus-Affäre um den CDU-Politiker Philipp Amthor, schon seit Oktober 2019 vermerkt. „Abgeordnetenwatch“ ist seit 2006 bundesweit online und finanziert sich aus Spenden und Förderungen, die in den Jahresberichten offen­gelegt werden.

Bundestag ohne Pause

„Darüber spricht der Bundestag“ und „Abgeordnetenwatch“ analysieren und dokumentieren die Arbeit der Politikerinnen und Politiker im Deutschen Bundestag anhand von verfügbaren Daten und Informationen. Aus dieser Basis können Lokalredaktionen auch über den Sommer eigene Ideen und Themen für die Region generieren.

Links

Darüber spricht der Bundestag: www.zeit.de/bundeswoerter

Plenarprotokolle des Deutschen Bundestags: www.bundestag.de/services/opendata

Abgeordnetenwatch: www.abgeordnetenwatch.de

Christina Quast

Christina Quast

berichtet als freie Journalistin über digitale Tools und Themen und ist seit Mitte 2018 für den Blog „Journalisten Tools“ verantwortlich. Für Journalisten gibt sie auch Seminare und organisiert Barcamps.

Mail: quast@journalisten-tools.de
Internet: www.journalisten-tools.de

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