Interview

„Alle sind zur Stelle, wenn die Frankenpost für ihre Leser nachhakt“

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Für viele Menschen ist die Tageszeitung nicht nur eine Quelle der Information. Sie wenden sich auch mit alltäglichen Sorgen und Problemen an die Redaktion. Die Frankenpost aus Hof hat nun auf dieses Bedürfnis der Leser reagiert und den Posten einer Leseranwältin eingeführt. In dieser Funktion ist seit Anfang des Jahres Redakteurin Kerstin Dolde tätig. Die drehscheibe sprach mit ihr über ihr neues Arbeitsfeld.

Frau Dolde, seit Anfang des Jahres sind Sie Leseranwältin der Frankenpost. Gab es einen konkreten Anlass, eine solche Funktion einzurichten?

Ja, die Frankenpost versteht sich als echte Regionalzeitung mit Bodenhaftung als „Stimme der Region“. Wir haben bei vielen Gesprächen mit unseren Lesern bemerkt, dass sie die Zeitung nicht mehr so in ihrem Lebensumfeld wahrnehmen, wie das vielleicht früher war. Damals hatten wir viele kleine Redaktionen und Geschäftsstellen in den Landkreisen, heute braucht es stattdessen einen „sichtbaren“ Ansprechpartner. Und da hatte Chefredakteur Hans Pirthauer die tolle Idee, die Funktion eines Leseranwalts als zentrale Anlaufstelle und „heißen Draht“ zur Zeitung zu schaffen. Das läuft binnen kurzer Zeit so gut, dass auch bei unserer Schwesterzeitung Neue Presse in Coburg in Kürze eine Leseranwältin ihre Arbeit aufnehmen wird.

Facebook, Twitter, Kommentare, E-Mail – noch nie hatten die Leser so viele Möglichkeiten, Kontakt mit der Redaktion aufzunehmen. Braucht es da überhaupt noch einen Leseranwalt?

Wer Mails schickt, auf Facebook postet oder twittert, der äußert sich oft spontan. Doch diese Art der Kontaktaufnahme nutzen nur ganz wenige unserer langjährigen treuen Leserinnen und Leser. Gerade die ältere Generation setzt lieber auf das vertrauensvolle Gespräch und braucht ein „Gesicht“ zum Kontakt. Auch heute steht doch nicht in jedem Haushalt ein PC, um Fragestellungen zu „googeln“. Da helfe ich weiter. Es kommen jedoch auch jüngere Leser, die mal zum Hörer greifen und mir eine Frage stellen. Wir suchen zudem über Facebook und Online-Auftritt den Kontakt zu den jungen Leuten. Das Angebot „Leseranwalt“ ist auf der Frankenpost-Homepage prominent platziert und leicht anklickbar.

Sie vermitteln nicht nur zwischen Lesern und Redaktion, sondern helfen als Ombudsfrau auch den Menschen bei Problemen mit der Bürokratie. Welche Mittel stehen Ihnen dabei zur Verfügung?

Da ich aus der Region stamme und seit über 20 Jahren bei der Frankenpost als Redakteurin arbeite, kenne ich mich hier gut aus. Das heißt, ich weiß, an welcher Stelle nachzuhaken ist, wie manche Hürden leichter zu nehmen sind, wo die Anlaufstellen für dies und das sind. Ich kann zugleich auf ein gutes Netzwerk zurückgreifen und  darf mich der Unterstützung auf breiter Linie erfreuen. Nicht nur im eigenen Haus stehen mir bei Rück- und Nachfragen alle Türen offen. Egal ob örtlicher Anwaltsverein, die ansässigen Sozialstationen oder auch die Stabsstellen von Ministerien: Alle sind gleich zur Stelle, wenn die Frankenpost für ihre Leserinnen und Leser nachhakt.

Vom Kind, das seinem kranken Meerschweinchen helfen will, bis zur jungen Mutter, deren Säugling nicht aufhört zu schreien – die Probleme, mit denen sich Leser an Sie wenden, sind so vielfältig wie das Leben. Wie helfen Sie diesen Leuten?

Ein Leseranwalt oder eine Leseranwältin muss sich die Zeit nehmen und zuhören. Es ist ganz wichtig, die Leser mit ihren kleinen und großen Sorgen ernst zu nehmen. Und dann frage ich ab, welche Möglichkeiten die Anrufer schon ausgeschöpft haben. Dann erst beginnt meine Recherche, die in den allermeisten Fällen als „Frage des Tages“ für alle anderen auch in der Zeitung nachzulesen ist – anonymisiert natürlich.

Entlastet Ihre Tätigkeit als Leseranwältin die Redaktion?

Natürlich. Ganz großes Ja, weil es eine zentrale Stelle für das Konfliktmanagement gibt. Ein Leseranwalt ist jemand, der sich kümmert – um alles. Damit werden im Haus lange Wege unnötig, die viele Kräfte gebunden haben. Es gibt jetzt Antworten auf Fragen, die früher ab und an durchs viele Weiterreichen und –schalten von X nach Y schon mal im Nichts endeten. Was dann die Fragesteller natürlich nicht befriedigt hat. Dabei ist ein Medienunternehmen gut beraten, wenn es sich kundenorientiert zeigt. Wer das Gefühl hat, ihm wird geholfen, der ist dankbar und zufrieden – mit seiner Frankenpost.

Was sind die häufigsten Anfragen von Lesern?

Viele Fragen, die bei uns eingehen, sind juristischer Natur und beziehen sich auf Einzelfälle. Die kann ich  selbstverständlich nicht anpacken. Wenn es aber Probleme gibt, die die Allgemeinheit betreffen – so etwa Schäden am Dach nach Schneedruck oder angeblich im Internet abgeschlossene Verträge – dann werde ich schon tätig. Ansonsten ist es wie sie sagen: Das Spektrum der Fragen ist breit gefächert. Das macht die Aufgabe spannend.

Ist Leseranwältin ein Vollzeitjob oder arbeiten Sie auch weiterhin als Redakteurin?

Natürlich bin ich auch weiter noch als Verantwortliche Redakteurin für Regionales tätig. Doch ich gebe zu, als Leseranwältin bin ich wirklich ganz gut beschäftigt. Sehen Sie, ich sitze nicht nur am Telefon, sondern ich habe noch andere Aufgaben: Ich bin mit dem Sichten und Bearbeiten aller Leserbriefe – für Mantel und Lokalteile – betraut. Dann gibt es die „Frage des Tages“ in der Zeitung. Mittwochs erscheint meine Kolumne „Auf ein Wort“, in der ich vieles rund um die Zeitung erkläre. In dieser Rubrik gehen wir auch offen mit eigenen Fehlern um. Außerdem wollen wir von März an ein bis zwei Mal pro Monat zusammen mit einem Vertreter der zuständigen Lokalredaktion und dem Marketingteam in eine Gemeinde gehen, um uns dort als „Zeitung vor Ort“ zu präsentieren. Das alles bedarf natürlich der gründlichen Vorbereitung.

Kerstin Dolde

... ist Leseranwältin der Frankenpost aus Hof.

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