„Am Desk geht es um eine gute Zeitung"
von drehscheibe-Redaktion
Es gibt sie in großen Verlagshäusern genauso wie in vielen kleineren: Newsdesks. Der Trend, einen Teil der Redaktion an einen Tisch zu setzen, ist ungebrochen. Doch wie funktioniert ein guter Newsdesk? Darüber sprachen Petra Breunig, leitende Redakteurin am Newsdesk des Fränkischen Tags (Bamberg), und Ronald Pfaff, stellvertretender Leiter des regionalen Newsdesks der Westfälischen Rundschau (Dortmund), mit Klaus Meier. Er ist Professor an der TU Dortmund und Experte im Bereich Redaktionsmanagement.
Herr Professor Meier, stellen Sie sich vor: Wir bieten Ihnen einen Stelle am Newsdesk an. Warum würden Sie sich entscheiden, diese sofort anzunehmen?
Naja, das kommt natürlich darauf an, was ich zurzeit mache, welche Alternativen es gibt und vor allem, wie der Newsdesk arbeitet und welchen Platz ich dort einnehmen kann. Ich finde es jedenfalls faszinierend, eine Zeitung oder eine Homepage durchgehend zu komponieren und journalistisch gestalten zu können.
Sehen Sie Unterschiede zwischen Manteldesks und regionalen Newsdesks?
Ja, während es im Mantel darauf ankommt, ressortübergreifend Themen zu bearbeiten, können regionale Desks unterschiedlich organisiert sein. In einer Großstadt sieht das zum Beispiel anders aus als auf dem Lande. Während sich im Mantel die Arbeit zwischen Agenturen und Reportern abspielt, geht es im Regionalen noch viel mehr um die Zusammenarbeit und Koordination mit den Reportern.
Können Newsdesks mehr als nur eine Nachrichtenbewertung übernehmen, also zum Beispiel auch Qualitätsmanagement und die Rolle als CvD?
Ja, auf jeden Fall. Aber man muss das ins Konzept einbauen, wenn man es so will, und nicht einfach oben drauf packen. Gutes Qualitätsmanagement zum Beispiel geht über die täglichen Routinen hinaus, indem man Ziele festlegt und diese kontinuierlich überprüft.
Sie haben einmal gesagt: „Die Desker müssen etwas von Macht verstehen“. Was meinen Sie damit konkret? Halten Sie es für sinnvoll, wenn die Deskmannschaft bestimmte Entscheidungen, die als wichtig angesehen werden, auch gegen Widerstand durchsetzt?
Ich kann mich nicht erinnern, dass ich das so formuliert habe. Aber im Prinzip stimmt es schon. Der Desk muss die letzte Entscheidungskompetenz haben. Die Frage ist allerdings, wie man mit Macht umgeht. Vielleicht ist das ein wenig wie in Bildungsveranstaltungen in der Schule oder Universität: Der Dozent oder Lehrer hat natürlich eine große Macht. Aber letztlich geht es nicht darum, Macht auszuspielen, sondern dass die Schüler beziehungsweise Studierenden etwas lernen. Und das geht am besten, wenn man den Lehrer fachliche Kompetenz zuschreibt – in einer Bildungspartnerschaft auf Augenhöhe. Am Desk geht es um eine gute Zeitung. Transparenz bei jeder Entscheidung ist wichtig. Und die ganz bedeutende Eigenschaft, auf andere zu hören und eigene Fehler zuzugeben.
Haben Sie einen idealen Newsdesk vor Augen?
Ich habe nie gesagt, dass es einen idealen Newsdesk für alle Redaktionen gibt. Letztlich muss jede Redaktion für sich entscheiden, was die beste Organisationsform für sie ist. Und ganz wichtig ist, dass man sich als lernende Organisation begreift: Wenn Strukturen nicht funktionieren, kann und muss man daran weiterbauen. Die Devise „So, jetzt haben wir einen Newsdesk und damit ist alles OK“ wäre destruktiv und nicht fruchtbar.
In vielen Häusern wurde die Newsdesk-Struktur eingeführt, weil man sich eine bessere Vernetzung auch zwischen Print und Online erhoffte. Kann ein Medienhaus beide Kanäle überhaupt noch in der herkömmlichen Ressortstruktur bedienen?
Auch hier gibt es verschiedene Modelle. Ich kann kurz zwei skizzieren:
Im Ersten gibt es Plattformredaktionen für Print und Online, die für sich ressortübergreifend, aber im Kern monomedial tätig sind. Im Kern der Redaktion gibt es eine koordinierende Einheit – den Newsdesk –, die Print und Online koordiniert.
Im zweiten Modell werden die Plattformen vollständig integriert, es gibt also nicht die „Print“- oder die „Online“- Redaktion. Hier arbeitet man in der Regel auch mit einem zentralen Desk, aber wichtiger ist hier die Ressorteinteilung: Die Ressorts sind dann jeweils für beide Plattformen zuständig; Ressortleiter müssen beide Plattformen im Auge haben und spielen deshalb eine wichtigere Rolle als im ersten Modell.
Interview: Petra Breunig und Ronald Pfaff
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