Interview

„Es war ein Angriff auf den Lokaljournalismus“

von

Beate Luber ist freie Journalistin.
Beate Luber ist freie Journalistin.

Nur weil sie ihre Arbeit gemacht hat, wurde die freie Journalistin Beate Luber auf einer Anti-Corona-Demo im bayerischen Weiden in der Oberpfalz heftig angefeindet und attackiert. Auch die Polizei bot ihr keinen Schutz. Wir sprachen mit ihr über das Geschehen und wie sie es verarbeitet hat.

Frau Luber, Sie waren Mitte Juli als Berichterstatterin auf einer Demonstration gegen die allgemeinen Corona-Maßnahmen in Weiden. Dort wurden Sie von Teilnehmerinnen und Teilnehmern beschimpft und angegriffen. Was genau ging da vor sich?

Ich bin mit meinem Freund zu dieser Veranstaltung gegangen, weil die Veranstaltungsleiterin, eine ehemalige grüne Oberbürgermeister-Kandidatin, die jetzt als parteiloses Mitglied der ÖDP-Fraktion im Stadtrat sitzt, bereits im Vorfeld angedroht hatte, dass ich dort keine Fotos machen dürfe. Gleich zu Beginn der Kundgebung haben mir die Ordner noch einmal gesagt, dass ich nur von den Rednern Fotos machen dürfe, nicht von der Menge. Ich habe dann dennoch mit meinem Handy die Rednerin und das Demonstrationsgeschehen gefilmt, denn das ist legitimer Teil der Berichterstattung. Daraufhin kamen sofort Ordner auf mich zu, hielten mir die Kamera zu, ich bin nach hinten ausgewichen, doch sie bedrängten mich weiter, bis schließlich fünf Männer vor mir standen. Sie sagten, ich solle die Kamera ausmachen, ich dürfe die Teilnehmer nicht filmen. Zum Glück war mein Freund dabei, der dazwischen gegangen ist und sich schützend vor mich gestellt hat. Ich weiß nicht, was sonst passiert wäre.

Wie ging es weiter?

Die Veranstalterin hat auch über das Mikrofon noch einmal gesagt, dass ich nicht filmen dürfe. Sie hat mich praktisch direkt in den Fokus genommen und die Demonstrationsteilnehmer gegen mich aufgehetzt. Sie behauptete fälschlicherweise, dass ich das nicht aufnehmen dürfe. Und so kamen immer mehr Leute auf mich zu. Demonstrationsteilnehmer holten dann die Polizei, und die Beamten unterbrachen ebenfalls meine Berichterstattung und baten mich zu einem Gespräch am Rande der Kundgebung. Dort wurde mir mehrmals gesagt, ich dürfe von Demonstrationsteilnehmern ohne ihr Einverständnis keine Porträtaufnahmen machen. Auch nicht aus drei Metern Entfernung. Das hat mich sehr gewundert, denn ich habe zu diesem Zeitpunkt überhaupt keine Porträtaufnahmen gemacht. Vielmehr ist es so, dass die Organisatorin das Gerücht über mich verbreitet, ich würde heimlich Demoteilnehmer fotografieren und filmen. Auch der Polizei gegenüber. Die Organisatorin hat auch behauptet, dass sie die Auflage, dass ich keine Fotos der Teilnehmer machen dürfe, mit Polizei und Ordnungsamt abgesprochen habe, was von Seiten der Stadt inzwischen dementiert wurde (siehe unten, die Red.). Das alles gipfelte dann darin, dass drei Leute immer näher auf mich zugekommen sind, eine Frau hat mich geschubst, schließlich skandierten rund zwei Dutzend Demonstranten: „Luber raus, Luber heim!“

Kein Interesse an Presseberichterstattung. (Screenshot aus den Videoaufnahmen Beate Lubers)
Kein Interesse an Presseberichterstattung. (Screenshot aus den Videoaufnahmen Beate Lubers)

Auch die anwesenden Polizeibeamten haben sich nicht unbedingt hilfreich verhalten.

Ja, die Polizeibeamten haben gesagt, ich würde provozieren. Das sei keine Pressearbeit, normalerweise würden Berichterstatter am Anfang einer Veranstaltung zehn Minuten da sein, ein Bild machen und wieder gehen. Sie haben mich also nicht geschützt, sondern das Ganze durch den Vorwurf an mich sogar noch angeheizt. Außerdem wollten sie meine Handyaufnahmen anschauen und telefonierten deshalb sogar mit der Staatsanwaltschaft. Ich glaube, dass bei ihnen eine absolute Unkenntnis des Presserechts und der Pressearbeit vorlag. Meines Erachtens müssten Polizisten gerade in so ländlichen oder kleinstädtischen Gegenden viel mehr geschult werden, was das betrifft.

Sie haben das Geschehen teilweise im Video festgehalten (siehe unten). Solche Bilder kennt man insbesondere von Pegida-Demos. Waren Sie überrascht, dass so etwas auch im eher idyllischen Weiden passiert?

Dass Weiden nicht idyllisch ist, wusste ich schon vorher. Vor rund zwei Monaten gab es die erste Demo gegen die Corona-Maßnahmen mit 400 Leuten, auf der „Wir sind das Volk“ skandiert wurde. Da wurden Verschwörungstheorien verbreitet, und allem Anschein nach waren Menschen aus dem rechtem Spektrum vor Ort.

Was geht in einem vor, wenn man als Lokaljournalistin bei Ausübung der Tätigkeit derart attackiert wird?

Ich hatte Angst. Besonders als ich geschubst wurde und in Dutzende hasserfüllte Gesichter geblickt habe. Weiden ist ja eine Kleinstadt, ich hatte danach jedes Mal Bedenken, wenn ich mit dem Fahrrad unterwegs war. Ich werde inzwischen psychologisch begleitet von der Beratungsstelle für Opfer rechtsextremer Gewalt Bayern und bin sehr froh, dass es solche Stellen gibt.

Welche Reaktionen gab es, als die Vorfälle bekannt wurden?

Ich habe diesen Angriff auf die Pressefreiheit in Weiden am Tag des Geschehens auf Facebook öffentlich gemacht. Mein Post wurde massenhaft bundesweit geteilt, 500 Mal, es gab 1000 Kommentare. Zum Teil wurde ich beschimpft, aber ich erhielt auch viel Solidarität von Leuten, die ich gar nicht kenne, aus Köln, dem Westerwald, aus Berlin. Gewundert hat mich, dass von der regionalen Presse bisher nur eine einzige Zeitung den Fall aufgegriffen hat. Es war zum Beispiel auch ein Kollege eines regionalen Senders vor Ort, der das mitbekommen haben muss. Da vermisse ich schon etwas Solidarität. Es war ja nicht nur ein Angriff auch mich, sondern auf den Lokaljournalismus in unserer Region.

Was müsste gesellschaftlich Ihrer Meinung nach passieren, damit die Pressefreiheit wieder mehr respektiert und geschätzt wird?

Zunächst können Journalisten selbst etwas tun. Mehr Transparenz wäre wichtig, man sollte zeigen, wie man recherchiert, welche Quellen man benutzt hat. Dann darf man sich von Kommunalpolitikern, die sehr nahe an einem dran sind, nicht einlullen lassen, man muss sich abgrenzen und Distanz wahren. Und wir müssen die Menschen aufklären. Viele wissen zum Beispiel gar nicht, was das Kürzel dpa bedeutet, und ich kann es ihnen nicht mal zum Vorwurf machen. Ich darf mich als Journalistin auch nicht allmächtig und objektiv finden. Ansonsten brauchen wir mehr Schulung von Polizeibeamten, was die Pressearbeit betrifft, auch von Kommunalpolitikern übrigens. Was ich von dieser Seite manchmal zu hören bekomme, da denkt man, sie haben keinerlei Ahnung vom Presserecht. Und wir müssen ganz laut aufschreien, wenn etwas schiefläuft, und uns solidarisieren.

Ich hoffe, Sie haben dennoch nach wie vor Lust auf den Beruf Lokaljournalistin.

Ich habe mich ja dafür entschieden, nicht mehr angestellt zu sein, sondern als Freie zu arbeiten. So wie es gerade aussieht, bin ich wahrscheinlich nicht mehr in der Lage, meinen Job in der Region weiterzumachen wie bisher und zum Beispiel von solchen Demos zu berichten. Ich konnte ja dem Inhalt der Demonstration, dem, was gesagt wurde, nicht mehr folgen, weil ich ständig beschimpft und meine Pressearbeit von Demonstrationsteilnehmern und Polizisten unterbrochen wurde.

Interview: Stefan Wirner

Beate Luber

hat bei der Tageszeitung Der neue Tag aus Weiden volontiert und arbeitet inzwischen als freie Journalistin.

Kontakt: riate@web.de

Hier geht es zu den Videoaufnahmen Lubers auf ihrem Youtube-Kanal.

Einen Nachbericht gibt es in der Zeitung Der neue Tag.

Am 25. Juli haben viele Weidnerinnen und Weidener für die Pressefreiheit demonstriert. Hier ein Bericht

Das Kunsturhebergesetz Paragraf 23 besagt, dass von Menschen, die an einer öffentlichen Veranstaltung teilnehmen, im Rahmen dieser Veranstaltungen Aufnahmen gemacht werden dürfen. Zum Paragrafen

Hinweis

Die Pressestelle der Stadt Weiden teilte der drehscheibe mit: „Im Vorfeld der Veranstaltung gab es von Seiten der Stadt Weiden keine Vereinbarung mit der Veranstaltungsleiterin Sonja Schumacher, dass Pressevertreter auf der Veranstaltung keine Teilnehmer ablichten und filmen dürfen.“ Die Pressestelle betont: „Versammlungs-, Meinungs- und Pressefreiheit sind die Basis unserer demokratischen Gesellschaft. Als solche werden sie von der Stadtverwaltung als Teil der Exekutive geschützt und beachtet.“

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Kommentare

Kommentar von Triamma |

An Frau Luber,

ich habe auf der Demo auch „Luber raus“ gerufen und möchte Ihnen sehr gerne erklären warum:

Ich bin ein starker Verfechter von Freiheit, Meinungsfreiheit und Pressefreiheit, ich bin ein großer Freund von Wahrheit und ich will weder Wahrheit noch Freiheit auf dem Interessensmarkt irgendwelcher Globalplayer verkauft wissen!
Zum Schutz dieser hohen Werte, die im Grundgesetz verankert sind &auch bleiben sollen und zum Schutz des Grundgesetzes, dafür gehe ich demonstrieren.

Bei den bisherigen Demos sind Sie leider mehrfach mit nicht nur einseitiger, sondern auch diffamierender und verlogener und zum Teil boshafter Berichterstattung aufgefallen.
Sie sind hier leider der lebende Beweis, dass Wahrheit mit Füßen getreten wird und dass Journalismus sich nicht mehr um objektive Berichterstattung bemüht!

Sie, Frau Luber, missachteten am Sonntag die (mehrfach freundlich an Sie gerichtete) Bitte die Demonstranten (zur Wahrung ihrer Persönlichkeitsrechte und zum Schutz vor aggressiver, diffamierender persönlicher Hetze), nicht frontal abzufotografieren/filmen ohne vorheriges Einverständnis. Es interessierte Sie einen Dreck!
Aus den bisherigen Berichten wissen wir alle (zT leidvoll erfahren), dass Sie alles in den Dreck ziehen und weder objektiv noch wahrheitsgemäß berichten.

Ich habe also „Luber raus“ gerufen - ausformuliert bedeutet es:

Interessenskonflikte, Lüge, Diffamierung, Boshaftigkeit und aggressive Provokation raus aus unseren Medien und dem Journalismus! Für wertschätzenden sachlichen Diskurs!

Kommentar von Löchel |

seit wann ist Paparazzitum gleichgesetzt mit freier, objektiver Presse ?
Frau Luber und ihre Mitbewohnerin Laura Weber, die ‚grüne‘ Stadträtin, versuchten von Anfang an die Veranstaltungen für Freiheit, Demokratie und Selbstbestimmung in ein rechtes Eck zu rücken, weil der ein oder andere Teilnehmer anscheinend der falschen Partei angehören..... sehr undemokratisch und hat mit objektiver Berichterstattung nichts zu tun

Kommentar von Markus |

Freie und unvoreingenomme Presse ist wichtig, nicht nur in Deutschland sondern weltweit.
Dazu gehört auch das vollständige Berichten über Vorfälle wie diesen.

Wenn Tatsachen nicht komplett berichtet werden, wie z.B. in diesem Fall von Beate Luber, dann ist man auch hier nicht allzu nahe an der Wahrheit.

Wie in jedem Ihrer Berichte lässt sie nämlich auch hier aus, das sie warum auch immer auf besagten Kundgebungen jedes mal provoziert.

Ich persönlich finde diese einseitige Betichterstattung nicht korrekt und freue mich auf den Tag an dem die Presse wieder vorurteilsfrei nüchtern und sachlich berichtet.

Kommentar von Kay |

Wie wäre es, die Veranstalter der Kundgebungen zu interviewen? Gerne können sie auf der Seite Friedenshelden.de die Gesinnung der Veranstalter recherchieren.

Frau Luner hat auch in ihrem Interview vergessen zu erzählen, dass auf zwei Kundgebungen ihre "vermummten und maskierten" Kollegen (einmal als grüne Gespenster und einmal als verkleidete Schauspieler) dabei hatte, die schon im Vorfeld "Pressefreiheit" gerufen hatten. Wie konnte sie nur wissen, dass ihr jemand die Portaitaufnahmen untersagt, was absolut unter Datenschutz fällt?

Ich finde es sehr traurig, dass Provokation und Verleumdung genutzt wird um friedlich, intelligente Menschen (unpolitisch) zu defamieren!

Kommentar von Maik Lust |

Ich war vor Ort. Frau Luber wurde mehrfach vergeblich gebeten ihren Presseausweis zu zeigen. Man musste davon ausgehen, dass es sich hier nicht um einen Presseeinsatz handelt, sondern um einen Diffamierungsversuch gegen Einzelpersonen. Und sie hat sehr wohl Portraitaufnahmen gemacht. Das sogenannte "Schubsen" war ein sich dazwischen Drängen mit einer zufälligen Berührung.

In meinen Augen ging es der Frau Luber drum einen Übergriff zu provozieren um negativ berichten zu können. Denn inhaltlich war es ja nicht möglich, da vor Ort keinerlei Nazipropaganda verbreitet wurde. Kein Wunder, wenn es bei diesen Demos auch nicht um Rechts- oder Linkskapitalismus geht.

Schade, dass Journalismus sich hier zum Erfüllungsgehilfen gegen Meinungsfreiheit macht. Maßnahmen kritisch zu hinterfragen macht aus uns keine Verschwörungstheoretiker.

Wer einer Regierung nicht glaubt, die so viel schon verbrochen hat (Spendenaffären, Lobbyismus, Vertuschung im NSU-Prozess, gefälschte Untersuchungen) und befürchtet, dass der schon bestehende Pharmalobbyismus in diesen Tagen seinen Höhepunkt erreicht hat, soll in heutigen Tagen mundtot gemacht werden. Mundtot indem man ihn mit dem schlimmsten betitelt, was die heutige Zeit herzugeben hat. Als Nazi...

Wie wäre es denn mal wenn sogenannte Journalisten den Lobbyismus im Bundestag näher beleuchten, statt sich zum Erfüllungsgehilfen einer korrupten, kapitalistischen Regierung zu machen.

Und Frau Luber an sie persönlich und an ihr Gewissen die Frage: Gingen sie wirklich vorurteilsfrei und unabhängig zu dieser Demo? Oder war ihnen schon im Vorhinein klar, was sie beabsichtigten darüber zu berichten? Ihr Verhalten spiegelte nicht das wieder, was ich von einer unabhängigen und freien Journalistin erwartet habe.

Kommentar von Thomas Reinecke |

Bleiben Sie bei Ihrer Einstellung und lassen Sie sich nicht von Menschen beeinflussen, die ihre Arbeit nicht mögen. Ihre Arbeit ist eine Säule der Demokratie.

Kommentar von Anne Dunkhorst |

Es gibt immer mehr Angriffe auf unsere Demokratie. Was in Weiden abgelaufen ist, muss mit aller Konsequenz geahndet werden. Diese Vorgänge in Weiden sind wieder ein Beispiel dafür, dass eine Demokratie permanent verteidigt werden muss.

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