„Gerade online lassen sich lokale Themen präsentieren"
von Stefan Wirner
Die Tageswoche aus Basel ist eine Hybrid-Zeitung: Sie erscheint online und ein Mal die Woche, immer freitags, gedruckt. Gegründet wurde sie im Oktober 2011 als Reaktion auf die Ereignisse rund um die Basler Zeitung, die nach einem Besitzerwechwel in den Ruf geraten war, ihre journalistischen Prinzipien zu verändern. Herausgegeben und finanziert wird die Tageswoche von der „Stiftung für Medienvielfalt“. Kurz nach der Gründung sprachen wir bereits mit Dani Winter, dem Redakteur und Online-Koordinator der Zeitung. Nun wollten wir erfahren, wie sich das Projekt in der Zwischenzeit entwickelt hat. Hierfür sprachen wir mit Urs Buess, einem von zwei Redaktionsleitern.
Herr Buess, seit etwas über einem Jahr gibt es nun die Tageswoche aus Basel. Wie fällt Ihr Zwischenfazit aus?
Gut, denn wir haben großen Erfolg mit der gedruckten Zeitung. Die derzeitige Auflage beträgt 22.500 Exemplare, das übertrifft bei weitem unsere Erwartungen. Wir kommen in Basel, aber auch in anderen Teilen der Schweiz, gut an. Und online sind wir auf Kurs. Auch als App gibt es uns inzwischen.
In welchen journalistischen Strukturen produzieren Sie Ihre Zeitung?
Unsere Redaktionsleitung besteht aus zwei Leuten, aus Remo Leupin und mir. Wir wechseln uns jede Woche ab, sodass immer ein anderer am Drücker ist. Wichtige Print-Geschichten planen wir etwa zwei bis drei Wochen im Voraus, je nach Thema. Die Online-Planung verläuft kurzfristiger und ist stärker an der Aktualität orientiert. Neuigkeiten werden sofort online gestellt. Die Themen werden von den Kollegen je nach Neigung und Können bearbeitet. Wir bedienen alle wichtigen Ressorts – Kultur, Sport, Politik, Ausland und Lokales.
Stellen Sie Ihre Print-Artikel auch online?
Einzelne, nicht alle. Wir wollen nicht unsere ganzen Inhalte gratis zur Verfügung stellen.
Welche Rolle spielt für Sie das Lokale?
Eine sehr große. Gerade online ist man noch schneller an den Lesern dran und kann ihnen die lokalen Themen präsentieren, für die sie sich interessieren. Man kann online sehr schnell und spontan reagieren. Hier liegen Chancen für die Zukunft.
Welche Probleme müssen Sie 2013 lösen, damit die Zukunft Ihrer Zeitung gesichert ist?
Wir müssen weiter daran arbeiten, beide Schienen – Online und Print – stärker zusammenzuführen. Wir bedienen dabei unterschiedliche Leserschaften und Communitys. Wir müssen in der Zeitung noch stärker darauf hinweisen, was online passiert und umgekehrt. Wir wollen auch die audiovisuellen Möglichkeiten noch besser nutzen. Ziel ist, den Leuten bewusst zu machen, dass sie sich bei uns über beide Schienen optimal informieren können.
Die Tageswoche, die Jungfrau Zeitung von Urs Gossweiler, die mikrolokal ist und nur teilweise in Print erscheint: Warum gibt es solche Experimente gerade in der Schweiz?
Es gab hier immer eine große Zeitungsdichte. Gerade in kleineren Regionen haben Zeitungen aber inzwischen Probleme, manche sind eingegangen. Das Bedürfnis nach dem Lokalen aber ist da, und es muss bedient werden. Dafür brauchen wir neue Konzepte. Gossweiler geht im Übrigen genau den umgekehrten Weg wie wir, er produziert zunächst online und druckt die Geschichten später auch im Blatt ab.
Die Entstehungsgeschichte der Tageswoche hat sehr viel mit der Situation in Basel zu tun. Kann Ihr Modell trotzdem auch als Vorbild für andere Zeitungen dienen?
Ich denke schon, denn es funktioniert und hat Erfolg.
Lesen Sie auch das drehscheibe-Interview mit Dani Winter, Redakteur und Online-Koordinator der Tageswoche. Wir sprachen mit ihm kurz nach Gründung des Blatts über das Konzept.
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