Interview

Land unter im Lokalen

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Auf der Internetseite von Quarks sind die Daten interaktiv dargestellt. (Screenshot: Quarks.de)
Auf der Internetseite von Quarks sind die Daten interaktiv dargestellt. (Screenshot: Quarks.de)

96 Prozent der deutschen Landkreise und kreisfreien Städte rechnen bis 2050 mit mehr extremen Wetterereignissen. Das ergab die Umfrage eines Journalistenteams. Wie sich die Ergebnisse im Lokalen umsetzen lassen, erklärt die Journalistin Jana Heck.

Frau Heck, Sie haben für Ihre Recherche von Quarks zusammen mit BR Data, NDR Data und Correctiv 400 Landkreise und kreisfreie Städte kontaktiert und deren Daten ausgewertet. Was war das Ziel dieser Umfrage?

Ich finde die größte Leistung der Recherche ist, dass es jetzt überhaupt erst mal so eine umfassende Datenlage auf Kreis- und kreisfreier Städteebene gibt. Es wird deutlich, in welchen Regionen vielleicht zu wenig getan wird, es zeigt aber auch, was andere bereits leisten. Und es macht das Thema für Bürger zugänglicher, die jetzt auch selbst für ihre Region nachgucken können, wie es dort aussieht. Wir haben viele Rückmeldungen und Anfragen sowohl von Privatpersonen, Forschenden als auch politisch tätigen Menschen erhalten. Das zeigt uns, dass solche Erhebungen auf ganz unterschiedlichen Ebenen wichtig sind und gesehen werden.

Mit Klick aufs Bild gelangen Sie zur Seite.
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Wie sind Sie bei der Umfrage vorgegangen?

Die ganze Recherche war vor allem richtig viel Teamwork. Nur mit einer Redaktion hätten wir es nicht gestemmt bekommen. Wir haben einen Fragenkatalog entwickelt, uns dabei von Expertinnen und Experten auch wissenschaftlich beraten lassen und schon während der Entwicklung mit einigen Kreisen und kreisfreien Städten darüber gesprochen, was wir beachten sollten. Dann haben wir alle Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland angefragt und einzelnen noch mal hinterhertelefoniert. Geantwortet haben uns mehr als 80 Prozent. Außerdem haben wir Daten recherchiert, die zeigen, wie betroffen die einzelnen Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland von Extremwettern wie Hitze, Dürre, Starkregen und Hochwasser sind. So lassen sich die Daten aus der Umfrage ins Verhältnis setzen dazu, wie betroffen die jeweiligen Regionen jetzt schon sind.

Müsste mehr darüber berichtet werden?

Ich war erstaunt, wie viel Beachtung unsere Recherche zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im Juli 2023 bekommen hat, wie viele andere Medien sie aufgegriffen haben. Denn oft hat man es mit Klimathemen leider nicht so leicht. Und natürlich flaut die Aufmerksamkeit auch wieder ab. Darum, ja: Dem Thema sollte medial noch mehr Beachtung geschenkt werden – vor allem im Lokalen, wo konkret recherchiert werden kann, wie Regionen handeln, was gut und was schlecht läuft. Denn da werden Folgen spürbar, da agieren Politik und Unternehmen. 96 Prozent der Landkreise und kreisfreien Städte rechnen bis 2050 mit mehr Extremwetterereignissen. Das zeigt schon, dass Berichterstattung wichtig ist.

Wie können Redaktionen die Daten nutzen?

Die Daten stehen zum Download bereit. Bei Fragen kann man uns gern kontaktieren.

Und worüber könnte man im Lokalen ausgehend von Ihrer Umfrage konkret berichten?

Ein Ansatz wäre, in unseren Daten zu schauen, ob die jeweilige Region zu denen gehört, die zwar mit Schäden durch Klimarisiken rechnen, aber trotzdem bislang wenig bis gar nichts dagegen unternehmen. Fragestellungen wären zum Beispiel: Woran liegt es? Und was sind konkrete Pläne für die Zukunft? Vielleicht fallen aber auch einige besonders innovative Konzepte oder Ideen ins Auge, über die eine Berichterstattung lohnenswert ist. Und was wir mit unserer Recherche natürlich nicht leisten konnten, ist die detaillierte, qualitative Überprüfung der Antworten aller Kreise und kreisfreien Städte. Ich fände es großartig, wenn hier Lokaljournalistinnen und -journalisten aktiv würden, um zu schauen, ob tatsächlich alles so glatt läuft, wie von manchen Regionen angegeben, oder ob es vielleicht sogar viel besser aussieht, weil sie bei der Befragung besonders selbstkritisch waren. Eine weitere Möglichkeit, unsere Recherche im Lokalen fortzuführen, wäre, noch tiefer auf Städteebene nachzuhaken. Denn manche Kreise haben keine gute Kenntnis darüber, was dort eigentlich genau vor sich geht.

Das Interview erschien in der Ausgabe 3/2024 der drehscheibe.

Hier geht es zum Beitrag von Quarks. Zur Recherche

Jana Heck

war bis Ende 2022 Redakteurin bei „Quarks“ und dem „ARD Morgenmagazin“ und ist jetzt freie Journalistin.

E-Mail: jana.heck@proton.me

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