„Transparent und glaubwürdig erzählen“
von Max Wiegand
Der Journalist und Autor Sven Preger hat ein Lehrbuch über Storytelling-Podcasts geschrieben. Im Interview erklärt er, wie sich auch im Lokalen spannende Hörgeschichten erzählen lassen.
Herr Preger, Storytelling-Podcasts sind gerade sehr beliebt. Woher kommt das?
Menschen lieben immer schon Geschichten. Und sie haben in den vergangenen Jahren auch in Deutschland Podcasts lieben gelernt. Jetzt verbindet sich das. Gerade große dokumentarische Erzählungen und Serien sind dabei das ideale Hörfutter: Sie verbinden Information und Unterhaltung. Sie bringen uns etwas über das Leben bei und informieren gleichzeitig über spezifische Begebenheiten. Das gilt für die meisten größeren Erzählungen, die gerade Maßstäbe setzen: „Cui Bono“, „Die Flut“, „Himmelfahrtskommando“ oder „Die Jagd“.
Wodurch zeichnen sich Podcasts als Erzählform aus?
Der Podcast ist die direkteste, intimste und persönlichste Art und Weise, eine Geschichte wirklich zu erzählen. Natürlich hören wir als Userinnen und User auf das, was uns erzählt wird, wir finden die Geschichte spannend und lassen uns von komplexen Charakteren in den Bann ziehen. Aber genauso wichtig ist die Person, die uns die Geschichte präsentiert oder im besten Fall wirklich erzählt. Ist diese Person glaubwürdig, echt, mögen wir sie? Die Erzählfigur oder der Host ist genauso wichtig wie der Inhalt, sie ist selbst ein zentraler Bestandteil der Erzählung. Das bedeutet vor allem für journalistische Formate eine Riesen-Chance, weil wir nicht allwissende Journalistinnen und Journalisten sein müssen, sondern transparent und glaubwürdig sein dürfen.
Welche Geschichten kann man gerade im Lokalen gut erzählen?
Jede Geschichte ist lokal! Was ich damit meine: Damit Userinnen und User einem ja tendenziell längeren Storytelling-Podcast auch wirklich zuhören, braucht es Handlung – sonst wird es schnell langweilig. Diese Handlung spielt ja an ganz konkreten Orten. Das ist je nach Thema eine große Herausforderung, diese Orte samt Handlung zu finden. Grundsätzlich eignen sich Geschichten, die eine längere Entwicklung abbilden: große Bauvorhaben, Wahlkämpfe, die Umgestaltung von Innenstädten. Also auch gerade die Themen, die eher als „strukturig“ gelten, sich aber über die Zeit entfalten und entwickeln. Hier bietet die längere Begleitung viel mehr Chancen als die rein nachrichtliche Abbildung.
Welcher lokale Storytelling-Podcast hat Sie zuletzt begeistert?
„Wem gehört das Wasser?“ von Helen Krüger-Janson von der Augsburger Allgemeinen. Ein super Beispiel dafür, wie man auch im Podcast die großen Themen lokal runterbrechen und erzählen kann. Also das Handwerk anwendet, was in Lokalredaktionen ohnehin zur Kernkompetenz gehört – nur auf Podcast angewandt.
Wie aufwendig ist es, ein solches Format zu produzieren?
Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Ganz wichtig ist es, ehrlich zu sich zu sein, was man kann – und wobei man vielleicht noch Unterstützung braucht. Großes Plus: die Lokalredaktionen kennen sich häufig mit ihren Themen so gut aus wie niemand anderes. Was man sich aber auch fragen muss: Sind wir fit genug, um gute O-Töne einzufangen? Können wir eine komplexe Geschichte spannend strukturieren, möglicherweise sogar über mehrere Folgen? Klingt unser Podcast auch gut? Gerade letzteres hat sich in Sachen Sound und Hosting in den vergangenen Jahren professionalisiert – diesen Standard sollte man dann auch erreichen.
Was würden Sie Lokalredaktionen noch für die Umsetzung von Storytelling-Podcasts mitgeben?
Probiert es aus und traut Eurer journalistischen Kompetenz. Nachrichten und Reportage schreiben kann man lernen. Dasselbe gilt für Storytelling-Podcasts – das ist in allererste Linie Handwerk. Ein nicht ganz unkomplexes Handwerk, aber erlernbar. Und wenn beim ersten Mal nicht alles klappt, kein Problem. Learnings festhalten und beim nächsten Mal besser machen!
Interview: Max Wiegand
Veröffentlicht am
Kommentare
Einen Kommentar schreiben