"Unsere Zeitung wirkt jetzt viel aufgeräumter und geordneter"
von drehscheibe-Redaktion
Die kleine irische Zeitung „The Mayo News“ wurde im April 2008 in Wien als Europe’s best designed Newspaper in der Kategorie Lokalzeitung ausgezeichnet. Mit einer kleinen Belegschaft von zwölf Journalisten, sechs Fotografen und acht Layoutern produiziert das Blatt eine moderne, magazinartige, lokale Wochenzeitung.
Frau Horan, wann haben Sie damit begonnen, Ihre Zeitung „magaziniger“ zu gestalten?
Im März 2005 haben wir die komplett neu gestaltete Mayo-News auf den Markt gebracht. Im Jahr zuvor haben wir das Aussehen des Blattes bereits in kleineren Schritten verändert. Die Reaktion unserer Leser war überwältigend positiv.
Wieso sollte die Optik überhaupt erneuert werden?
Wir wollten mit der Zeit gehen und da wir die einzige Zeitung in unserem Verbreitungsgebiet sind, haben wir die besten Voraussetzungen, jede Woche ein hochwertig gestaltetes Produkt zu produzieren. Wir sind schon immer eine fortschrittliche Zeitung in der redaktionellen Berichterstattung gewesen. Wir wollten dies mit einem gleichwertig fortschrittlichen und anspruchsvollen Design kombinieren. Das Erscheinungsbild und Aussehen werden gesellschaftlich immer wichtiger.
Haben Sie einen der bekannten Zeitungs-Designer beauftragt?
Nein, wir haben unsere Zeitung innerhalb unserer eigenen Büros umgestaltet, unter der Führung unseres Grafik- und IT-Chefs, dem sehr talentierten Fergus Kelly
Was sind die größten Veränderungen?
Alles in der Zeitung sieht jetzt aufgeräumter und geordneter aus. Die Ausgaben werden frühzeitiger geplant und maßgebende Gestaltungsregeln dabei eingehalten. Die Kommunikation zwischen Grafikern, Redakteuren und der Verlagsgeschäftsführung ist intensiver geworden. Jeder ist sich nun bewusst, wie wichtig es ist, die Mayo News optisch ansprechend zu gestalten. In der Vergangenheit wurden die Seiten einfach so schnell wie möglich zusammengefügt, ohne dem Aussehen Beachtung zu schenken. Die Redaktion hat nur wenig Aufwand in die Produktion der Zeitung gesteckt. Anzeigen waren weder gleichmäßig in der Zeitung verteilt, noch wurde ihr visueller Einfluss auf die Seiten berücksichtigt. Außerdem war in der Vergangenheit die Qualität der verwendeten Fotos oft dürftig. Jetzt legen wir einen großen Schwerpunkt auf Qualitäts-Fotos und benutzen sie durchdacht auf unseren Seiten.
Wie sieht eine typische Seite Ihrer Zeitung aus?
Auf unserer aktuellen Nachrichtenseite könnten wir zum Beispiel zwei Anzeigen haben, eine Aufmachergeschichte mit Foto und eine zweite Geschichte mit kleinerem Foto. Die Anzeigen werden ans untere Ende der Seite oder seitlich gestellt, während das Foto so platziert wird, dass es das auffälligste Merkmal der Seite ist. Generell versuchen wir jedoch, Doppelseiten zu benutzen – also zwei Seiten, die einander gegenüber liegen. Das erlaubt es uns, den redaktionellen Inhalt, die Anzeigen und Fotos optisch am attraktivsten zu verbinden.
Wer leitet wen? Sagen die Journalisten den Grafikern, wie sie ihre Geschichte visualisieren sollen?
Editor, News-Editor und Sports-Editor verständigen sich mit dem Grafik- und IT-Chef und dem Production Manager darüber, wie sie ihre Geschichten gerne auf den Seiten illustriert hätten. Ideen werden diskutiert, verschiedene Gestaltungen ausprobiert, bis eine endgültige gefunden ist. Alle bemühen sich mehr gemeinsam, als dass einer dem anderen etwas vorschreiben würde. Das funktioniert ganz gut.
Wie sieht die ideale Geschichte für Ihre Zeitung aus?
Die ideale Geschichte vereint verschiedene Elemente: einen Hauptartikel, einige Kästen mit Statistiken oder Graphiken, gute Fotos und eine starke Überschrift.
Warum fokussieren Sie sich nur auf lokale Geschichten?
Weil wir auf eine lokale Leserschaft ausgerichtet sind. Unser Verbreitungsgebiet ist ein Verwaltungsgebiet – das drittgrößte in Irland – das verschiedene mittelgroße Städte und hunderte ländliche Gemeinden und Dörfer hat, welche alle erwarten, dass ihr Gebiet in unserer Zeitung erfasst wird. Obwohl unsere Geschichten generell lokal sind, reflektieren unsere Reportagen und Kommentare größere Angelegenheiten der irischen Gesellschaft und natürlich auch weltweite Angelegenheiten.
Ihre Zeitung erscheint wöchentlich. Was unterscheidet sie von Tageszeitungen?
Wir decken nur ein kleines geografisches Gebiet ab, daher stehen in vielen unserer Geschichten Menschen mit ihren Erfolgen und Problemen im Mittelpunkt. Jede Woche führen wir ein großes Interview mit einer Person aus der Region, mit dem Hauptaugenmerk auf deren Leben, Wohngebiet, Arbeit und sozialem Leben. Außerdem haben wir eine Reihe von längerfristigen Geschichten, die wöchentlich aktualisiert werden. Wir versuchen, diese aus einer möglichst weit gefächerten Sicht abzudecken.
Gibt es inhaltliche Schwerpunkte?
Der Inhalt der Sportseiten ist sehr umfangreich, da unsere nationalen Sportarten wie Gaelic Football und Hurling sehr beliebt in Mayo sind und wir deshalb jede Woche detaillierte Reportagen, Analysen und Kommentare liefern.
Ist es nur möglich, so eine gut gestaltete Zeitung zu veröffentlichen, wenn die Zeitung nur wöchentlich erscheint?
Aufgrund der Anzahl unserer Mitarbeiter und dem Nachdruck, den wir auf Qualität legen, in allem, was wir tun, wäre es sehr schwer, so eine gute Zeitung mehr als ein Mal die Woche zu produzieren. Wenn wir jedoch unsere Mitarbeiteranzahl und unsere Büros vergrößern würden, glaube ich, dass wir eine weitere Ausgabe herausbringen könnten, ohne in der Qualität zu leiden.
Haben Sie einen Konkurrenten in Ihrer Region?
Es gibt zwei lang etablierte Zeitungen in Mayo, beides großformatige Zeitungen. Eine befindet sich in der Gemeinde von Castlebar und die andere in der nördlichen Hauptstadt von Mayo, in Ballina. Wir haben uns in Westport, im Westen Mayos, niedergelassen. Die Konkurrenz zwischen unseren drei Zeitschriften ist groß. Es gibt außerdem zwei kostenlose Zeitungen, die in Mayo in den letzten drei Jahren auf den Markt gekommen sind.
Haben Ihre Leser Ihre Bemühungen, eine modernere Zeitung zu kreieren, anerkannt?
Ja, unsere Leser waren sehr unterstützend und sehr positiv über unsere neue Gestaltung der Zeitung. Die Leute merken, dass wir uns jede Woche gemeinschaftlich bemühen, eine Zeitung zu produzieren, die inhaltlich und grafisch qualitativ hochwertig ist, und sie geben uns ihre Anerkennung dadurch, dass sie die Zeitung kaufen und uns außerdem Leserbriefe und E-Mails schreiben und uns regelmäßig mit Kommentaren anrufen. Unsere Leser haben uns auch sehr nett gratuliert, als wir vor kurzem mit dem europäischen Newspaper Design Award ausgezeichnet worden sind.
Interview: Bernd-Volker Brahms; Übersetzung: Laura Müller
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