„Wir betreuen fast 50 Kommunen“
von Sascha Lübbe
„Eine Woche mit...“ – so heißt ein neues Format der drehscheibe. Nach dem Auftakt mit der Sächsischen Zeitung begleiten wir nun die Allgemeine Zeitung durch die Woche. Vorab sprachen wir mit Thomas Ehlke, dem Leiter der Lokalredaktion in Alzey, über den Aufbau der Zeitung, die Bedeutung des Lokalen, die Devise „online first“ und die jungen Leser.
Herr Ehlke, mit welcher Geschichte machen Sie heute auf? (Das Gespräch wurde am 13. November geführt, die Red.)
Der heutige Aufmacher ist der geplante Erweiterungsbau der Kreisverwaltung. Da gibt es Beanstandungen des Landesrechnungshofes, der nachhakt und weitere Einsparungen fordert. Der Bau ist – auch aus meiner Sicht – sehr teuer. Ich habe das schon in der Vergangenheit mehrfach kritisch kommentiert, so auch heute.
Wie ist Ihre Lokalredaktion aufgebaut?
Wir haben drei Redakteure und einen Volontär. Wir betreuen 44 Ortsgemeinden im sogenannten Alzeyer Land. Das sind drei Verbandsgemeinden und die Stadt Alzey mit ihren vier Stadtteilen. Wenn man das zusammenzählt, kommt man auf knapp 50 Kommunen.
Wie viele freie Journalisten sind für Sie unterwegs?
Wir haben etwa 30 feste freie Mitarbeiter. Allerdings herrscht da eine hohe Fluktuation. Es sind viele junge Leute dabei, Abiturienten und Studenten, und die verändern sich natürlich nach ihrem Abschluss. Die freien Mitarbeiter kümmern sich bei uns um Vereinsgeschichten und Wochenendtermine. Aufwendige Recherchen und Reportagen übernehmen die festen Redakteure. Gleiches gilt für große Veranstaltungen, wie etwa Schuljubiläen, und für politische Sitzungen im Stadt- und Kreistag.
Das Thema Vereinsberichterstattung wird in der drehscheibe derzeit heiß diskutiert. Welche Rolle spielt sie bei Ihnen?
Vereine sind sehr wichtig für uns. Neben der regulären Berichterstattung bieten wir ihnen verschiedene Module an: beispielsweise das Angebot „Vereine machen Zeitung“, bei dem sie sich – in Kooperation mit uns – auf einer ganzen Seite selbst präsentieren können. In der Serie „Mein Verein“ stellen wir die Vereine hingegen selbst vor. Die Redakteure reden mit einem Vorstandsmitglied und bieten ihm die Möglichkeit, seine Kernbotschaften zu vermitteln. Alle diese Rubriken sind fester Bestandteil der Zeitung und werden nicht ausgegliedert.
Was, würden Sie sagen, macht das Besondere Ihrer Redaktion aus?
Kennzeichnend für uns sind die sogenannten Spezialseiten, auf denen wir Themen vertiefen. Dieses Jahr gab es schon über 40, es erscheint also im Schnitt eine pro Woche. Kollegin Anita Pleic betreut beispielsweise die Langzeitserie „Tatort Alzey“ in Zusammenarbeit mit dem Weißen Ring. Dabei werden Kriminalfälle vorgestellt und es kommen Opfer, Psychologen und Anwälte zu Wort. Es gab auch eine große Serie zum Mauerfall, in deren Rahmen wir ein Treffen ehemaliger DDR-Flüchtlinge organisiert haben. Daneben haben wir viele Angebote für die Generation unter 30. Wir organisieren beispielsweise Poetry Slams, die regelmäßig von bis zu 150 jungen Leuten besucht werden. Unsere Zeitung erhält auf diese Weise Zuspruch von jungen Leuten – was für eine Lokalzeitung sonst eher schwierig ist.
Wie sieht der typische Tagesablauf in Ihrer Redaktion aus?
Jeden Morgen um zehn gibt es eine Redaktionskonferenz mit einer kurzen Blattkritik. Dabei werden auch die Themen für den Folgetag festgelegt und weitere Ideen diskutiert. Das Ganze dauert etwa 30 Minuten. Ich will es so kurz haben, damit die Diskussion konzentriert ist. Danach beginnen die Kollegen mit der Themenarbeit. Um 10:45 Uhr gibt es eine Telefonkonferenz mit der Zentrale in Mainz, zu der alle Außenredaktionen aus dem Rheinland-Pfälzischen Gebiet zugeschaltet sind. Um 11 Uhr kommen dann die Kollegen aus Hessen dazu, da erscheinen wir ja auch. Alle Redaktionen sollen wissen, was bei den Kollegen passiert. Dabei werden vor allem auch crossmediale beziehungsweise online-relevante Themen besprochen.
Welche lokalen Geschichten gehen bei Ihnen online?
Wir orientieren uns an der Devise „online first“. Wenn wir also vormittags einen Termin haben – wie beispielsweise vorgestern den Start in die Fastnachtskampagne – dann wird das online gespielt. Zu diesem Thema haben wir eine Scribble Live-Geschichte gemacht mit Texten, Fotos und kurzen Videos. Generell laufen online vor allem große Geschichten mit besonderem Interesse für die Leser, also Polizeigeschichten, bunte Geschichten oder Live-Events. Themen also, die die Leser umtreiben und die häufig diskutiert werden. Kleinere Artikel, Rubriken oder Ankündigungen erscheinen hingegen nur in der gedruckten Zeitung. Die gedruckte Zeitung bietet also immer noch mehr als der Onlineauftritt, der übrigens – wie bei vielen anderen Zeitungen auch – seit Sommer mit einer Bezahlschranke versehen ist.
Wie viele Lokalseiten produzieren Sie am Tag?
Zwischen fünf und sieben. Der Lokalteil beginnt immer mit einer Alzey-Seite, also mit einer Seite, die Stadtthemen aufgreift. Dort, aber auch auf den Kreisseiten, gibt es auch viele Kommentare – unsere Ausgabe ist meinungsfreudig. Die zweite Seite widmet sich meist Stadt- und Vorortthemen. Danach folgen Kreisseiten. Die werden gespeist aus Material aus den 44 Ortsgemeinden im Alzeyer Land.
Können Sie uns noch verraten, welche Themen diese Woche bei Ihnen eine größere Rolle spielen könnten?
Bei uns in der Stadt sind die Themen Geschäftswelt, Ladensterben und Strukturwandel immer aktuell. Außerdem haben wir neue Beigeordnete, die jetzt seit 100 Tagen im Amt sind. Da werden wir eine erste Bilanz ziehen. Außerdem gibt es ab Dezember einen neuen regionalen Schienennetzbetreiber. Der lässt seine neuen Züge gerade probeweise fahren. Unsere Volontärin wird da mitfahren, mit den Fahrgästen sprechen und uns von ihren Erfahrungen berichten.
Thomas Ehlke
Allgemeine Zeitung
Redaktion Alzey
Antoniterstr. 37
55232 Alzey
Tel.: 06731/9613 4070
E-Mail: tehlke@vrm.com
Internet: www.allgemeine-zeitung.de, Lokalteil Alzey
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