„Wir haben vieles richtig gemacht“
von Max Wiegand
Davon träumen alle Verlage: Die Grazer Kleine Zeitung hat großen Erfolg mit ihren Digitalabos. Ein Gespräch mit Walter Hauser, Geschäftsführer Lesermarkt. Hauser wird auf dem 24. Forum Lokaljournalismus, das vom 20. bis 22. Juni stattfindet, das Konzept der Zeitung detailliert darlegen.
Herr Hauser, 2016 führte die Kleine Zeitung als erste Zeitung Österreichs kostenpflichtige Online-Inhalte ein. Innerhalb weniger Monate verkauften Sie 26.000 neue Abos. Wie ist dieser Erfolg zu erklären?
Er hängt sehr stark mit der guten Vorbereitung zusammen, wir haben da vieles richtig gemacht. Zunächst wurde alles einem Relaunch unterzogen und die Plattformen inhaltlich ausdifferenziert. Niemand ist bereit, etwas zu bezahlen, wenn auf der Webseite das Gleiche steht wie in der Zeitung. Heute bietet die Printausgabe im 24-Stunden-Rhythmus Tiefe, Detail und Meinung. Die Webseite ist die schnellere Variante, dort wird der Leser ständig auf dem Laufenden gehalten. Außerdem haben wir uns auf ein Freemium-Modell festgelegt. Dabei lässt sich leichter kennzeichnen, was kostenpflichtig und was frei ist. Ein Metered Model wirkt auf die Leser wie eine Bestrafung. Man liest gratis, bis man zu viel liest, dann muss man bezahlen.
Welche Abo-Möglichkeiten gibt es?
Es war uns wichtig, dass das Produkt nicht in zu viele Einzelteile fragmentiert wird. Bei uns gibt es ein Printabo und ein Digitalabo, das die Webseite, die Smartphone-App und die E-Paper-App umfasst. Unsere Präferenz ist jedoch das Kombi-Abo, das bewerben wir gesondert. Unser Hauptziel ist es, unsere 270.000 Printabonennten mitzunehmen auf die digitale Reise. Zusätzlich gibt es ein preiswertes Smartphone-Abo, das als Einsteigermodell für junge Menschen, denen die anderen Abos zu teuer sind, fungiert.
Wie haben Sie das Modell eingeführt?
Das geschah phasenweise. Zunächst haben wir es intern getestet. Das heißt, die Redakteure konnten im Redaktionssystem die Paid-Artikel kennzeichnen, um selbst ein Gefühl für die Unterscheidung zu bekommen. Dann begannen wir, die Paid-Kennzeichnung auch für die Leser sichtbar zu machen. Es kostete noch nichts, aber es war ersichtlich, welcher Artikel zukünftig bezahlt werden muss. Anschließend forderten wir die Leser auf, sich zu registrieren, wenn sie Interesse an den Paid-Artikeln hätten. Das war zugleich der wichtigste Schritt, da sich 100.000 Personen registrierten. So sahen wir, mit welchem Potenzial wir weiterarbeiten konnten. Nach Einführung der Bezahlschranke konnten wir dann viele Abos verzeichnen.
Welche Paid-Content-Artikel sind bei den Lesern besonders beliebt?
Die Plus-Artikel, worüber am meisten Testabos abgeschlossen werden, bestehen bei uns zu 90 Prozent aus regionalen Inhalten. Grundsätzlich finden sich hinter der Paywall ohnehin nur exklusive Inhalte der Kleinen Zeitung. Berichte über das Tagesgeschehen sind zumeist frei zugänglich, etwa wenn es einen Unfall gab. Hinter der Paywall stehen dann aber Interviews oder Videobeiträge zu dem gleichen Thema.
Wie Sie sagten, ist das Angebot sehr multimedial. Mussten Sie die Redaktionen entsprechend umstrukturieren?
Es blieb kein Stein auf dem anderen. Wir entschieden uns, die strikte Trennung zwischen Print- und Digitalredakteuren vollständig aufzuheben. Die Marke Kleine Zeitung sollte auf jeder Plattform dieselbe Qualität bieten. In einem zwei Jahre dauernden Prozess führten wir also beide Bereiche zusammen. Dazu zogen wir in einen 2.700 Quadratmeter großen Newsroom um. Dort ist nun jedes Ressort für alle Plattformen zuständig. In einem Dreischichtsystem werden dort von 6 bis 24 Uhr Inhalte produziert.
Sind weitere Neuerungen im digitalen Bereich geplant?
Wir haben festgestellt, dass uns Formate, bei denen die User lange auf der Plattform verweilen, viele Testabos verschaffen. Da spielen Videos und Fotostrecken eine große Rolle. Diese Bereiche werden wir also definitiv ausbauen.
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