Achtung, hier spricht die Polizei!
von Gastautor
Aus drehscheibe 06/2024
Kleine oder große Sünden, gerne auch im Straßenverkehr, werden von der Polizei in ihren Presseberichten im Internet neben allerlei Straftaten veröffentlicht. Ein Service, den Medien schätzen. Doch ist bei der Veröffentlichung von Polizeimitteilungen durch Redaktionen Vorsicht geboten.
Medien dürfen nicht jedes Detail verbreiten, auch dann nicht, wenn es bei der Polizei online nachzulesen ist. Teilen die Beamten dort beispielsweise mit, dass sie ein Strafverfahren gegen einen Sünder eingeleitet haben, so bedeutet das eben nicht, dass jemand für schuldig befunden wurde.
Dennoch kommt es vor, dass das Alter der angezeigten Person, der Ort des Geschehens oder andere Umstände öffentlich im Polizeibericht nachzulesen sind. Das könnte einen Betroffenen erkennbar werden lassen und den Persönlichkeitsschutz verletzen.
Deutlich höher ist diese Wahrscheinlichkeit, wenn die Meldung, etwa zu einer Strafanzeige, mit sämtlichen Umständen von einer Redaktion online oder in der Zeitung weiterverbreitet wird. Die Zeitung zählt, anders als das amtliche Polizeiportal, nämlich zu den Massenmedien. Die Gefahr der Erkennbarkeit ist dort auch ohne Namensnennung gegeben.
Egal ob mittels TV, Rundfunk oder Internet: Massenmedien bedienen ein ungleich breiteres Publikum als ein amtliches Portal wie das der Polizei. Laut Grundrecht sind journalistische Medien wichtige Plattformen für gesellschaftliche Debatten und für den demokratischen Dialog, auf denen Menschen zusammenfinden können.
Eine Konsequenz, die sich daraus ergibt: Journalisten sollten in ihren Produkten nicht einfach nur das wiederholen, was die Polizei schon öffentlich preisgegeben hat. Erwischte Verkehrssünder dürfen nicht im Massenmedium identifizierbar werden. Das wäre auch nicht dadurch zu rechtfertigen, dass die Polizei zu den vertrauenswürdigen amtlichen Quellen gezählt wird.
Für ihre Veröffentlichungen und deren Wirkung haften in allen Medien die Journalisten. Sie tragen eine Verantwortung, die sie nicht auf Quellen abschieben können. Verantwortung darf man allerdings auch von der Polizei in ihren Presseberichten erwarten. Erst wenn es sich um Straftaten von erheblichem öffentlichen Interesse handelt, ist es legitim, rechtskräftig Verurteilte erkennbar darzustellen. Verkehrssündern aber sollte dies überall erspart bleiben. Für Presseinformationen, die zum Schutz von Personen nicht an die Öffentlichkeit dürfen, gibt es andere Kommunikationswege.
Polizeimeldungen sollten daher immer im Sinne der journalistischen Sorgfaltspflicht behandelt werden (siehe Pressekodex Ziffer 2). Die Polizei hat für ihre Pressemitteilungen wiederum eigene Kriterien. So kann sich der Bericht der Polizei über denselben Tatbestand von dem in der Zeitung unterscheiden.
Am Ende ist es für „kleine Sünder“ unzumutbar, in einer Zeitung identifizierbar zu sein. Genau dies befürchtete kürzlich zu Recht ein Leser nach einer von uns veröffentlichten Polizeimeldung. Für mich war das der Anlass, hier darüber zu schreiben, ohne den Fall zu wiederholen. Auch die Redaktion hat Besserung versprochen.
Der Beitrag erschien am 8. März 2024 in der Main-Post. Er wurde redaktionell bearbeitet.
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