Der mit den Lesern spricht
von Gastautor
Manche Leser wollen Dampf ablassen. Andere brauchen Hilfe. Der Leser-Obmann der Freien Presse hört zu. Manchmal reicht das nicht – dann ist die Redaktion gefordert.
Zwei Politiker mussten in der jüngeren deutschen Geschichte zurücktreten, weil sie Opfer einer Medienkampagne geworden waren. Das jedenfalls war die einhellige Meinung der jeweils mehr als 20 Leser, die den Leser-Obmann der Freien Presse angerufen haben, als das ganze Land über die Affären von Karl-Theodor zu Guttenberg und Christian Wulff sprach. Sie wollten keine Leserbriefe schreiben, sie wollten nur schimpfen und die Verursacher zur Rede stellten: „Sofort aufhören damit“, forderten die einen. „Sie sollten sich schämen“, meinten die anderen. Ich habe stets versucht zu diskutieren und zu erklären – nicht immer erfolgreich. Aber ich habe in der Konferenz darüber berichtet, und plötzlich war es ein Thema: die Rolle der Zeitung bei politischen Skandalen.
Vor zweieinhalb Jahren gab es einen Arbeitstitel für die neue Aufgabe: Leseranwalt. Während der Wochen für die Ausarbeitung eines Konzepts war schnell klar: Die Freie Presse will keinen Streitschlichter, keinen reinen Vermittler und nicht ausschließlich einen Ombudsmann für Problemfälle. Wir wollten all dies auch, aber besonders das: Die Leser sollten einen eigenen Partner in der Redaktion erhalten, mit dem sie darüber sprechen können, was sie bewegt, weil es in der Zeitung stand oder weil es unbedingt da hinein gehört. Er soll sich kümmern, egal was ihnen unter den Nägeln brennt. Er soll sich einsetzen, wenn es um ihre Interessen geht. Und die neue Aufgabe bekam einen Namen: Leser-Obmann der Freien Presse.
Lokale Themen beschäftigen ihn. Ein Mann sitzt im Rollstuhl und bekommt trotzdem keine Genehmigung für Behindertenparkplätze; drei Tage nach dem Anruf steht es in der Zeitung, zwei Wochen später hat er das Papier. „Die Umleitung wegen der Baustelle auf dem Stadtring ist ein Skandal“, beschwert sich eine Leserin bei mir, und die Lokalredaktion bekommt einen Rechercheauftrag. Das Ergebnis: Es gibt eine Alternative, aber entlang der Strecke liegt eine Schule. Bei den durchschnittlich zehn bis 15 Anrufen täglich handelt es sich fast immer um Anliegen und Fragen, die das Potenzial für einen Artikel haben. Genauso häufig finden Leser einen Fehler in der Zeitung; die meisten freuen sich, ihn mir mitzuteilen, das lindert den Ärger darüber.
Als Leser-Obmann berichte ich von meiner Arbeit einmal wöchentlich in einer Kolumne auf der Seite Leserforum, allerdings nicht über einzelne Anliegen oder Probleme; es gibt immer übergreifende Zusammenhänge. Täglich schreibe ich im Internet einen Blog. Und die große Resonanz darauf gibt mir Recht: Kaum etwas, was die Anrufer beschäftigt, ist so ernst, dass man nicht auch darüber schmunzeln kann. Für mich ist der Leser kein unbekanntes Wesen, weil ich mit ihm lachen kann; manchmal auch weinen, wenn er mir eine traurige Geschichte erzählt. Es tut ihm gut, mir fällt das Zuhören leicht. Und für die Freie Presse ist das ein Gewinn, weil die Leser den Obmann akzeptieren; irgendwie ist er einer von ihnen.
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Kommentare
Kommentar von Heinz Wöllner |
Sehr geehrter Herr Oldeweme, heute möchte ich eine Frage stellen: Mann hört in der Presse immer wieder von Erhöhung des Wehretas,brauchen wir denn diese Kriegsmaterialien für unsere Sicherheit in Deutschland oder sind wir nur der Nato verpflichtet, an deren Kriegsspielchen teil zu nehmen und unsere Steuergelder dafür auszugeben !!! Der Sohn von der Frau von der Leyen ist 21 Jahre alt, man hört aber nicht, das er zB. in Kriesengebieten eingesetzt wird. Warum nur andere Jugendliche sterben lassen ?
Mit fG Heinz Wöllner
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