Leseranwalt

Eine Überschrift sorgt für Ärger

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Aus drehscheibe 02/2023

In einer Leserbrief-Veröffentlichung vom 17. Dezember wurde folgende Schlagzeile auf der Titelseite der Zeitung vom 10. Dezember kritisiert: „Im Süden drohen Stromabschaltungen.“

„Stromabschaltungen bleiben unwahrscheinlich“ hätte stattdessen dort stehen müssen, argumentiert der Absender des Briefes und verweist auf den Inhalt des Artikels. „Hat diese Zeitung derart reißerisches Gehabe wirklich nötig?“, so drückt er seine Missbilligung für die Schlagzeile aus. „Seriös geht anders“, urteilt er und richtet sich damit an die beiden Autoren des Artikels.

Der Überschriftenvorschlag des Lesers wäre tatsächlich zutreffender gewesen als die am 10. Dezember verbreitete Schlagzeile. Schließlich war über widersprüchliche Äußerungen zur Sicherheit der Stromversorgung berichtet worden. Die Aussage des Artikels war aber eher entwarnend. Durch die in der Überschrift erwähnten vermeintlich drohenden Abschaltungen wird die Situation unnötig zugespitzt. Ich schließe nicht aus, dass das derzeit auf Menschen reißerisch wirken konnte.

Eine Erklärung der Redaktion zum Leserbrief hätte gutgetan. Denn die Schuldzuweisung des Lesers an die beiden namentlich genannten Autoren zielt daneben. Autoren senden ihre Beiträge nur mit Vorschlägen für eine Überschrift an die Redaktion. Diese werden dann gerne angenommen, wenn sie ins vorgegebene Layout passen. Der Text kann auf der Seite nun aber über eine oder auch über mehrere Spalten platziert sein. Das erfordert auch unterschiedliche Längen der Titelzeile und führt oft zur Änderung eines Vorschlags seitens des Autors.

Die hier kritisierte Titelzeile stammte nicht von den Autoren selbst, sondern entstand nach meinen Nachfragen wohl erst in der Redaktion. Der Titel wurde jedoch nicht vom für die Main-Post zuständigen „Printdesk Überregional“ verfasst, wie nun die unterfränkische Leserschaft annehmen könnte. Er kam schon so von der Augsburger Allgemeinen und wurde unverändert übernommen. Die redaktionelle Kooperation mit dem Blatt in Schwaben ist fortgeschritten. Als Herzstück der Mediengruppe Presse-Druck Augsburg, zu der auch unsere Zeitung und das Südkurier Medienhaus in Konstanz gehören, werden die gedruckten und digitalen Angebote der Tages­zeitungsmarken genannt.

Nahezu alle nationalen und internationalen Beiträge erreichen die Main-Post über die Augsburger Redaktion. Es ist danach dennoch möglich, dass der Printdesk die jeweiligen Überschriften ändert. Je nachdem, wie es das eigene Layout erfordert. Da bleiben Textkürzungen mitunter nicht aus – selbstverständlich nur ,ohne den Sinn zu verändern.

Die Redaktionsmitglieder dieser Zeitung konzentrieren ihre eigenen Recherche­leistungen auf lokale und regionale Themen und Ereignisse. Das gilt als Vorteil der Kooperation. Dennoch liegt die Verantwortung für alle Beiträge, die im Blatt erscheinen, nach wie vor bei der Main-Post-Redaktion. Schon deshalb hätte sie die Autoren nicht allein im Regen stehen lassen dürfen und dem Leserbrief erklärend hinzufügen müssen, dass überregionale Überschriften wie Artikel stets durch mehrere Hände von Verantwortlichen gehen.

Die Ursache für einen Fehler sollte ohnehin nie einer einzelnen Person anzulasten sein. So steht es auch in den Leitlinien der Redaktion: „Wir arbeiten nach dem Vier-Augen-Prinzip. Das heißt, jeder journalistische Beitrag wird von mindestens einem Kollegen gegen­gelesen und geprüft.“

Der Beitrag erschien am 30. Dezember 2022 in der Main-Post. Er wurde für diese Kolumne redaktionell bearbeitet.

Anton Sahlender

Autor

Anton Sahlender war von 1988 bis 2014 stellvertretender Chefredakteur der Main-Post. Seit 2004 ist er Leseranwalt der Zeitung.

Telefon: 0170 – 836 28 80
Mail: anton.sahlender@mainpost.de

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