Kritik an Interview mit Klimaaktivistin
von Gastautor
Aus drehscheibe 13/2023
Unter der Überschrift „So erlebte die Klimaaktivistin Ronja Künkler zwei Wochen in der JVA“. erschien ein Interview mit der Anhängerin der „Letzten Generation“. Sie ist in Rothenstadt bei Weiden aufgewachsen und schilderte im Gespräch ihre Zeit hinter Gittern. Künkler war in Präventivgewahrsam genommen worden.
Darauf schrieb ein Leser: „Weshalb bietet die Amberger Zeitung der Straftäterin Ronja Künkler eine Plattform der positiven Berichterstattung für ihre strafbaren Handlungen? Gegen die ,Letzte Generation‘ laufen mehrere Ermittlungen, unter anderem von der Generalstaatsanwaltschaft München. Diese sieht den Verdacht einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129. Die Unterbringung in einer Haftanstalt wird zudem in diesem Bericht verharmlost, damit beteiligt sich die AZ daran, die Verbüßung einer Haftstrafe als ,Event‘ darzustellen.“
Darauf antwortet der Leiter der Zentralredaktion: „Wir haben mit dieser Frau gesprochen, weil es eben inhaltlich einen deutlichen Unterschied etwa zu einem Bankraub oder Betrug gibt. Auf der einen (hypothetischen) Seite sprechen wir von Straftätern, die nach der Verurteilung durch ein Gericht eine Freiheitsstrafe verbüßen. Auf der anderen Seite von einer politisch motivierten Aktivistin, die bei ihren Protestaktionen illegale Methoden anwendet und auf Grundlage einer politisch und juristisch umstrittenen Regelung präventiv in Haft genommen wird. Zudem ist sie sowohl wegen ihrer Aktionen als auch als Künstlerin in unserer Region eine Person der Zeitgeschichte. (...) Diese Berichterstattung ist Kern unserer Tätigkeit und führt – wenn sie so distanziert erfolgt wie bei den Fragen durch meine Kollegin – weder zur Verniedlichung von Haft als Event noch zu einer Glorifizierung oder zumindest Reinwaschung der interviewten Person.“
Und das äußert der Leseranwalt: „Ich denke nicht, dass wir der Klimaaktivistin Ronja Künkler eine Plattform geboten haben und es sich hier um eine ,positive Berichterstattung‘ handelt. Das Thema dieses Interviews ist die Präventivhaft, die dazu dienen soll, Rechtsbrüche und Straftaten zu verhindern. Künkler saß zwei Wochen in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim und berichtete der Redaktion, wie sie diese 14 Tage erlebt hat. Somit erfahren die Leserinnen und Leser an einem praktischen Beispiel, was Präventivgewahrsam bedeutet. Daran besteht aus meiner Sicht ein öffentliches Informationsinteresse, das allein schon die Veröffentlichung dieses Interviews rechtfertigt. Die Redaktion hat hier auch die presseethischen Grundsätze eingehalten.
Ja, es ist richtig: Laut Generalstaatsanwaltschaft München besteht der Anfangsverdacht, dass es sich bei der ,Letzten Generation‘ um eine kriminelle Vereinigung handeln könnte. Könnte, muss man hier betonen, die Einschätzung ist umstritten. Ob es tatsächlich eine kriminelle Vereinigung ist, müssen Gerichte entscheiden. Insofern würde ich mich vor einer Vorverurteilung hüten. (...) Ob das, was ein Klimaaktivist tut, strafbar ist, muss im Einzelfall immer von einem Gericht entschieden werden. Womit ich die Aktionen dieser Leute keinesfalls gutheißen will.“
Der vollständige Beitrag erschien am 29. September 2023 auf Onetz.de. Er wurde redaktionell bearbeitet und gekürzt.
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