Leseranwalt

Verurteilten Promi nicht verpixelt

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Aus drehscheibe 04/2022

Wir haben kürzlich darüber berichtet, dass der bekannte Pianist und Musikwissenschaftler Siegfried Mauser knapp vier Jahre nach seiner Verurteilung wegen sexueller Nötigung in drei Fällen nun in ein österreichisches Gefängnis musste. Der in Straubing geborene Mauser, bis 2016 Rektor des Mozarteums in Salzburg, hätte die Haft (zwei Jahre und neun Monate) eigentlich schon im Januar 2020 in der Justizvollzugsanstalt Landsberg am Lech antreten sollen. Er stellte daraufhin den Antrag, seine Strafe im Salzburger Land absitzen zu dürfen. Der Grund dafür: Der 67-Jährige besitzt auch die österreichische Staatsbürgerschaft und hatte seinen Wohnsitz ins Nachbarland verlegt.

Mauser ist auch in der Oberpfälzer Kulturlandschaft kein Unbekannter. Er saß früher im wissenschaftlichen Beirat für die Weidener Max-Reger-Tage und trat beim Schwandorfer Klavierfrühling auf. Vor allem in München zählte Mauser zur Prominenz. „Als Präsident der Münchner Musikhochschule war er der Liebling der Klassikszene der Stadt“, schrieb die Süddeutsche Zeitung.

Kurz nach Erscheinen des Artikels über den Haftantritt Mausers zeigte sich ein Leser verwundert darüber, dass das Gesicht des 67-Jährigen auf dem dpa-Bild nicht unkenntlich gemacht wurde. Meistens, so der Anrufer, seien die Fotos von Angeklagten oder verurteilten Straftätern, die er bisher in unserer Zeitung gesehen habe, so bearbeitet worden, dass man das Gesicht des Abgebildeten nicht erkennen konnte. Ich sagte dem Leser: Bei Mauser war ein Verpixeln nicht nötig.

Bei einer identifizierenden Berichterstattung, so steht es auch im Pressekodex, muss das Interesse der Öffentlichkeit an Information die schutzwürdigen Interessen, also die Persönlichkeitsrechte von Betroffenen, überwiegen. Die Schwere der Straftat spielt hier eine Rolle. Und im Fall des Siegfried Mauser ist von Bedeutung, was in der Kodex-Richtlinie 8.1 (Kriminalberichterstattung) hervorgehoben wird: Für ein überwiegendes öffentliches Interesse spreche in der Regel, wenn „ein Zusammenhang beziehungsweise Widerspruch besteht zwischen Amt, Mandat, gesellschaftlicher Rolle oder Funktion einer Person und der ihr zur Last gelegten Tat“ oder wenn „bei einer prominenten Person ein Zusammenhang besteht zwischen ihrer Stellung und der ihr zur Last gelegten Tat beziehungsweise die ihr zur Last gelegte Tat im Widerspruch steht zu dem Bild, das die Öffentlichkeit von ihr hat“.

Bei der Namensnennung und beim Verpixeln oder Nicht-Verpixeln sind folglich immer einige (presse-)rechtliche Vorgaben zu beachten. „Wer im Fokus der Öffentlichkeit steht oder eine Vorbildfunktion erfüllt, muss es sich eher gefallen lassen, seinen vollen Namen oder sein Bild in der Zeitung zu sehen als ,Otto Normalverbraucher‘“, betont Rechtsanwalt Oliver Stegmann in einem früheren Beitrag für die drehscheibe.

Ohne Unkenntlichmachung veröffentlicht werden darf ein Bild, wenn die Person auf einem sogenannten zeitgeschichtlichen Foto abgelichtet wurde. „Als absolute Personen der Zeitgeschichte gelten Personen, die durch ihr gesamtes Wirken in der Öffentlichkeit stehen. Es sind ,Berühmtheiten‘, ,Prominente‘, ,Stars‘ aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung, Kunst, Sport und Unterhaltung oder Menschen, die aufgrund ihrer Rolle in der Gesellschaft mit ihrer ganzen Person im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stehen. Die zeitgeschichtliche Bedeutung kann dabei sowohl aus Verdiensten wie aus Untaten erwachsen“ (Quelle: Initiative Tageszeitung). In diese Kategorie fällt Siegfried Mauser.

Dieser Text wurde gekürzt und redaktionell bearbeitet. Der vollständige Beitrag erschien in der Zeitung Der neue Tag.

Thomas Hauser

Autor

Jürgen Kandziora ist Leseranwalt des Neuen Tags aus Weiden in der Oberpfalz.

Mail: juergen.kandziora@oberpfalzmedien.de
Telefon: 0961 – 854 44

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