„Auch auf myheimat gibt es Debatten“
von Gastautor
Auf dem Mitmachportal myheimat spielt Politik eine untergeordnete Rolle. Das könnte sich aber schnell ändern. Von Peter Taubald
Protest, Kampagnen, Flashmobs – wenn Bürger die Wut bekommen, ist der Weg ins Netz nicht weit. Ist ein Bürgerreporter-Portal wie myheimat die Plattform, auf der sich Widerstand gegen lokale Projekte organisiert? Fördert die lokale Community basisdemokratische Prozesse, bilden sich hier Mehrheiten gegen Beschlüsse kommunalpolitischer Gremien?
Die Antwort ist nein, und dafür gibt es mehrere Gründe. Einer ist die Rolle der Lokalzeitung: Wenn sie sich nicht als Verkünder von Beschlüssen versteht, sondern als Plattform für den kontroversen lokalen Diskurs, ist sie immer noch die erste Adresse für die Meinungsbildung vor Ort. Ideen, Projekte, Ratsdebatten, Bürgerproteste – in Berichten, Kommentaren, Interviews und Leserbriefen werden Prozesse angeschoben, begleitet und bewertet. So verstehen die Madsack Heimatzeitungen ihre Rolle.
Als Mitmachportal ergänzt myheimat die Madsack Heimatzeitungen, Bürgerreporter berichten und diskutieren hier über lokales Geschehen. Dabei spielt Politik eine untergeordnete Rolle. Eine wissenschaftliche Untersuchung belegt, dass die User hier eher Spaß, Unterhaltung und Kommunikation suchen. Auf myheimat zeigen sich die User überwiegend mit korrektem Namen und Bild. Auch das ist eine Ursache dafür, dass sie sich gerade bei kontroversen Themen weniger hemmungslos offenbaren, als es anonym auf anderen Plattformen im Netz üblich ist.
Aber wie alles im Internet ist das kein in Stein gemeißelter Zustand. Auch auf myheimat gibt es Debatten zu kommunalpolitischen Themen, zum Beispiel um den Bau eines Obi-Baumarktes in Lehrte, die Zerstörung eines Mahnmals in Burgwedel, die Absage eines von ausländischen Müttern organisierten Schulfestes in Laatzen oder die Verkehrspolitik in Burgdorf. Die Heimatzeitungen stellen auch immer wieder Themen zur Diskussion, beispielsweise über die Müllabfuhr in Säcken oder Tonnen – mit vielen Kommentaren, die sich in der Zeitung wiederfinden.
Damit beteiligen sich mehr Menschen an Debatten über politische Themen, aber: myheimat ist noch nicht die allgemein akzeptierte Plattform zur Teilhabe an demokratischen Prozessen. Die Chance, sich hier zu äußern und im Schulterschluss mit anderen Einfluss zu nehmen, wird nur gelegentlich wahrgenommen.
Das mag man beklagen, aber das wäre kurzatmig. Meinungen, Anregungen, Proteste bekommen Gewicht, wenn sie nicht von schnuckiputzi96, sondern von Heinz Müller oder Paula Kruse kommen; ehrlich, offen und authentisch. In der Lokalzeitung ist das selbstverständlich, im Netz ist es eine Hürde, über die User erst einmal springen müssen, wenn es um Themen in ihrem Umfeld geht.
Meine Prognose: Die Bürger werden das Internet dereinst stärker für politisches Engagement in ihrem lokalen Umfeld nutzen, aber nur auf Plattformen, auf denen sie sich gut aufgehoben fühlen und denen sie Wirkung zutrauen – wie den Madsack Heimatzeitungen und myheimat.
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