Lokaltipp September 2024

780 Wohnungen für 18.000 Berechtigte

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(Foto: Screenshot Neue Osnabrücker Zeitung)
(Foto: Screenshot Neue Osnabrücker Zeitung)

Idee 

Die Osnabrücker Mieten steigen und steigen, während die Zahl der Sozialwohnungen abnimmt. Geringverdiener ziehen aus Not auf Campingplätze. „Das Thema Wohnungskrise ist ein Dauerbrenner“, sagt Jean-Charles Fays, Regio-Reporterchef bei der Neuen Osnabrücker Zeitung. Sein Team berichtet seit langem darüber. Als es 2023 zusätzlich zur Kostenexplosion der Mieten auch noch eine Kündigungswelle wegen Eigenbedarfs gab, stieß Fays eine Serie an, die strukturelle Probleme des Wohnungsmarktes aufarbeitet: „Wenn Wohnen Luxus wird“.

Umsetzung

Konzipiert hat Fays die 18-teilige Serie gemeinsam mit einem fünfköpfigen Reporterteam. Es hat für das Format die Entwicklungen der vergangenen Jahre recherchiert und in Gesprächen und Datenanalysen erforscht, wie es kommen konnte, dass für 18.000 Berechtigte heute nur noch 780 Sozialwohnungen verfügbar sind.

Konzept

„Wir wechselten bewusst zwischen nachrichtlicher Berichterstattung und emotionalen Geschichten. So konnten wir auf die strukturellen Probleme aufmerksam machen – und ihre Auswirkungen anhand persönlicher Schicksale zeigen“, sagt Fays. Teils hatte die Redaktion bereits vor dem Serienstart Kontakt zu Protagonisten, teils entwickelten sie sich während die Serie bereits lief. So gibt in einem Serienteil der Geschäftsführer des Mietervereins einen Überblick über die Probleme, ein junges Ehepaar, der Mann schwer erkrankt, erzählt von Problemen, eine behindertengerechte Wohnung zu finden, ein anderer Teil befasst sich mit dem Mietatlas. Wer aus dem Team welchen Teil schrieb, wurde nach Kenntnis und Neigung verteilt. Während der gesamten Ausspielzeit existierte ein Stehsatz von mindestens zwei bis drei vorproduzierten Beiträgen. Über ihre Veröffentlichung entschied die Redaktion nach Nachrichtenlage. Wöchentlich wurden zwei Beiträge publiziert, online first: Was mittwochs im Web erschien, kam samstags in die Zeitung. Online-Beiträge vom Samstag waren am folgenden Mittwoch gedruckt zu lesen. Dieses Muster orientierte sich am Erscheinen des Immobilienteils der Zeitung, um viele Interessierte zu erreichen.

Reaktionen

Die Serie hat hohe Wellen geschlagen: Aus der Leserschaft gab es viele Empathiebekundungen mit Betroffenen. Ein Paar, das nach einer Eigenbedarfskündigung keine bezahlbare Bleibe mehr fand, erhielt schließlich doch noch ein passendes Angebot. Nach der ersten Staffel widmete sich das Reporterteam in einer zweiten Staffel dem Käufermarkt, denn „die Probleme hängen zusammen“, wie Fays betont. In einer Analyse forderte er einen Osnabrücker Baugipfel, um den Wohnungsbau wiederzubeleben. Die Stadt machte daraufhin eine Umfrage in der lokalen Bau- und Immobilienbranche und lud 70 Akteure zu dem Baugipfel ein. Schließlich wollte die Stadt gemeinsam mit der Lokalpolitik diverse Gebührenordnungen auf den Prüfstand stellen, um Hemmnisse abzubauen und dem Wohnungsbau in Osnabrück neuen Schwung zu verleihen. Fays resümiert: „Unsere beiden Staffeln zur Wohnungs- und Baukrise haben wieder Bewegung in die Debatte gebracht.“

Links

Zur ersten Staffel

Zur zweiten Staffel

Zum PDF des Artikels

Jean-Charles Fays

ist Regio-Reporterchef der Neuen Osnabrücker Zeitung.

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