Lokaltipp April 2010

Lokale Seiten zur Fußball-WM

von

Ausschnitt aus der Oldenburgischen Volkszeitung
Mit einem Klick aufs Bild gelangen Sie zum PDF des drehbuchs.

Aus der Oldenburgischen Volkszeitung zur WM 2006

Der Dreh

Mit dem ausgezeichneten Konzept "WM 2006 in der Kreisliga" produzierte die Oldenburgische Volkszeitung 31 lokale WM-Seiten. Ein Modell zum Nachdrehen:

Die Umsetzung

Für die Redaktion der Oldenburgischen Volkszeitung war die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland ganz weit weg: Weder gab es einen WM-Spielort in der Nähe noch kam ein Nationalspieler aus dem Verbreitungsgebiet. Auch die Quartiere der teilnehmenden Nationen und große Fan-Feste und Public-Viewing-Veranstaltungen lagen fernab. Dennoch stemmten vier Sportredakteure und ein Lokalredakteur aus Vechta jeden Tag ein WM-Buch mit sechs, gelegentlich acht Seiten. Kernpunkt des Buches war eine tägliche lokale Seite zur WM. Für ihr Konzept und dessen erfolgreiche Umsetzung erhielt die Oldenburgische Volkszeitung (OV) den Lokalsportpreis 2007 des Verbands Deutscher Lokalzeitungen. Sportchef Franz-Josef Schlömer erläutert die Umsetzung der lokalen WM-Seite:

Lokale WM-Seiten: Für die Konzeption einer täglichen lokalen WM-Seite musste ein tragfähiges Grundgerüst gefunden werden, das feste und verlässliche Komponenten für die lokale WM-Seite garantierte. Folgende Bausteine wurden angelegt:

Aufmacherfoto: Wie kommt man vier Wochen lang verlässlich jeden Tag zum lokalen Aufmacherfoto, wenn – wie eingangs erwähnt – die WM nicht in der Kreisliga gespielt wird, sondern ganz weit weg ist? Zumal man vor der WM ja noch gar nicht ahnen konnte, wie sich die Ereignisse entwickeln würden. Alles hätte ja auch nach zwei Wochen vorbei sein können.

Die Idee: Kinder malen uns die Aufmacherfotos. Bereits vier Wochen vor Beginn der WM gab es den Aufruf für unseren Malwettbewerb "WM Kunterbunt". Der Anreiz für die "kleinen Künstler": Tag für Tag erscheint während der WM ein Bild, jeder Künstler, dessen Bild veröffentlicht wird, erhält eine Taschengeldprämie von 15 Euro, und für die besten drei Bilder gibt es Sonderprämien (50, 35 und 25 Euro). Besonders attraktiv: Jeder Teilnehmer, der ein Bild eingereicht hat, erhält ein kleines Präsent. Ein Sponsor übernahm alle Preise. Der Malwettbewerb stellte keine zeitliche Belastung im hektischen WM-Stress dar. Alle umfangreichen Aktivitäten von der Ausschreibung bis zur Entscheidung der Jury fanden vor dem Eröffnungsspiel statt, der Wettbewerb war praktisch vor der eigentlichen WM-Arbeit abgeschlossen. Die ausgewählten Siegerbilder konnten teilweise sogar nach Format und Motiv über die vier Wochen verteilt werden.

Die Resonanz: Die Teilnahme von 3426 Kindern, was einem sensationellen Rücklauf von rund 15 Prozent unserer Auflage entspricht, übertraf selbst die kühnsten Erwartungen. Aufgrund dieser überwältigenden Resonanz schoben wir nach der WM sogar noch vier Bilder-Sonderseiten "WM Galerie" nach, um die Bedeutung  dieser Leserreaktion für eine kleine Lokalzeitung zu unterstreichen.

Das Tippspiel: Der Klassiker bei großen Fußballturnieren ist natürlich ein Tipp-Wettbewerb. Seit 1996 führt die OV bei allen Europameisterschaften und Weltmeisterschaften ihr eigenes Tipp-Spiel durch, das von der Sportredaktion entwickelt wurde. Der Tipp-Wettbewerb mit einem Sponsor, dessen Logo zu den Texten erscheint, ist mit Geld- und Gutscheinpreisen in Höhe von über 2000 Euro ausgeschrieben. Insgesamt gab es 60 Preise.

Die Umsetzung: Im Vorfeld der WM wurde ein farbiger Tipp-Zettel mit 20 ausgewählten Vorrundenspielen veröffentlicht, nur dieser Originalausschnitt berechtigte zur Teilnahme. Nach einem Punktsystem wurden die Tipps ausgewertet und permanent aktuelle Hitlisten veröffentlicht. Nach der Vorrunde kamen die 60 besten Tipper in die Endrunde, wo alle weiteren K.o.-Spiele aktuell getippt werden mussten. Dies geschah per Mail oder Telefon. Alle Tipps wurden vor den Spielen zusammen mit den Hitlisten veröffentlicht. Insgesamt waren Veröffentlichungen an 20 Tagen abgesprochen und einge­plant. Der permanente, intensive Kontakt mit den Tippern bot optimalen Nährboden für begleitende Geschichten, die sich vom Umfang dem jeweiligen Tagesbedarf in beliebiger Größe anpassen ließen. Tipptrends als Prognosen, Toptipper als lokale Experten, Pessimisten als Miesmacher – alles ließ sich als lokales Stimmungsbarometer aufbereiten. 3942 Tipper beteiligten sich am Spiel, das entspricht einem unglaublichen Rücklauf von rund 17 Prozent unserer Auflage.

Experten: Da bei lokalen WM-Geschichten mit Fußballern, Trainern, Schiedsrichtern oder sonstigen Lesern zum aktuellen WM-Geschehen in der Regel nur Porträtfotos zu erwarten waren, stellte sich die Frage nach weiteren attraktiven Fotos für die lokale WM-Seite.

Die Idee: Jugendfußballer als WM-Experten. Wir wählten DFB-Experten, die sich im Fach auskennen, aber selbst noch viel erleben wollen – nämlich junge Kreisauswahlfußballer, die regelmäßig im heimischen DFB-Stützpunkt Mühlen ein Zusatztraining erhalten. Die Auswahlkicker stammten aus allen Vereinen des Kreises, sie wurden in ihren Lieblingstrikots abgebildet und so fotografiert wie ihre großen Vorgänger Beckenbauer, Müller, Netzer & Co. in den früheren Sammelalben: den Ball auf dem Fuß, in der Hand oder auf dem Kopf. So war stets ein einspaltiges Foto gewähr­leistet, das in der Höhe einen gewissen Spielraum besaß.

Die Umsetzung: Die Rubrik "DFB-Talente" erschien täglich auf der lokalen WM-Seite. Unter dem Logo erschien das Foto des jeweiligen Experten mit einer Kurzbeschreibung (Name, Verein etc.) und das entsprechende Statement, das aus einem kurzen Gespräch mit einer entsprechenden Frage formuliert wurde. Sämtliche Weichen waren schon vor WM-Beginn gestellt worden. Alle ausgewählten DFB-Talente waren an einem Trainingsabend der Reihe nach fotografiert worden, die Kurzbeschreibungen der Spieler mit Telefonnummern lagen vor – es musste pro Tag nur ein Anruf nach der Schule getätigt werden, um mit den jungen Experten über ein aktuelles Thema zu sprechen.

Titelgeschichten: Als Sportredakteur einer Lokalzeitung erfährt man permanent, dass Heimatsportler oder Leser während der WM aktiv werden. Diese Storys ließen sich langfristig abklären und entsprechend der Aktualität kurz­fristig positionieren, u.a.:

  • heimische Volunteers in den WM-Stadien im Einsatz- Kulturbahnhof mit Ausstellungen, Lesungen und Fanfeten
  • polnische Erntehelfer im größten Obstanbaugebiet der Region
  • jährliches Jugendturnier mit 1200 E-Jugendfußballern als WM-Turnier
  • Gerald Asamoah als Werbeträger eines heimischen Fleischfabrikanten
  • renommierter Sportpsychologe von der heimischen Uni

Unabhängig von solchen langfristig planbaren Solo-Storys bieten sich immer wieder bekannte Geschichten, Umfragen und Interviews mit heimischen Trainern, Sportlern, Schiedsrichtern, Fans, Sportmuffeln, Frauen, Ausländern, Polizei oder Standesbeamten an, die stets aus aktuellem Anlass gestrickt werden können.

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