Presserat

Biergärten gegen Bares getestet

von

Der Fall:

Eine Regionalzeitung berichtet über den Gewinner eines „großen Biergartentests“ der Zeitung. Deren Leser hätten entschieden und den ersten Platz an den Biergarten eines Gasthofs vergeben. Dieser wird im Artikel ausführlich vorgestellt. Ein zuvor veröffentlichter „Kleiner Biergartencheck“ war mit dem Wort „Anzeige“ gekennzeichnet. Ein Leser kritisiert eine Vermischung werblicher und redaktioneller Inhalte. Er selbst habe mit Mühe feststellen können, dass es sich um eine Anzeige handle und die Biergärten für die Teilnahme am Test bezahlt hätten. Von einem umfassenden Biergartentest könne somit keine Rede sein. Gleichwohl sei versucht worden, beim Leser diesen Eindruck zu erwecken. Die Redaktion habe den Gewinner im redaktionellen Teil präsentiert. Mit keiner Silbe sei dabei erwähnt worden, dass es sich bei dem Test um eine von den Biergärten selbst bezahlte Anzeigen/PR-Aktion handele. Bewusst sei der Eindruck erweckt worden, der Gasthof habe in einer „normalen“ Leserumfrage gewonnen.

Die Redaktion:

Der Chefredakteur sieht keinen Verstoß gegen presseethische Grundsätze. Die Vorstellung der teilnehmenden Biergärten sei erkennbar mit „Anzeige“ überschrieben worden. Dem Leser sei damit stets klar gewesen, dass es sich um bezahlte Anzeigen handelt. Sehr viele Leser hätten an der Aktion teilgenommen und die vorgestellten Biergärten besucht, Stempel gesammelt und online abgestimmt. Für die Berichterstattung über den Sieger sei kein Geld geflossen. Vielmehr sei sie aufgrund der regen Teilnahme der Leser an der Aktion redaktionell veranlasst gewesen.

Das Ergebnis:

Der Beschwerdeausschuss erkennt in der Berichterstattung einen schweren Verstoß gegen die in Ziffer 7 des Pressekodex geforderte klare Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten. Er spricht eine öffentliche Rüge aus. Die Redaktion hat über den Gewinner eines von der Zeitung initiierten Biergartentests durch die Leser im redaktionellen Teil berichtet. Teilnahmebedingung für die Biergartenbetreiber war das Schalten einer Anzeige. Insofern handelt es sich um eine anzeigenbasierte Aktion, an der der Verlag ein unmittelbares Eigeninteresse – das Generieren von Anzeigenerlösen – hat. Für den Sieger des Tests wiederum hat die Berichterstattung einen eindeutig werblichen Effekt. Somit hätte die Berichterstattung nicht im redaktionellen Teil erscheinen dürfen. Zumindest hätten die Leser deutlich auf die Auswahlkriterien beim Biergartentest und das damit verbundene Eigeninteresse des Verlages hingewiesen werden müssen.

Der Kodex:

Ziffer 7

Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken. Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.

Autor

Jens Radulovic ist Referent Beschwerdeausschüsse beim Presserat.

E-Mail: radulovic@presserat.de

Veröffentlicht am

Zurück

Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Kommentieren

Bei den mit Sternchen (*) markierten Feldern handelt es sich um Pflichtfelder.