Presserat

Der Bericht bleibt in der Familie

von

aus drehscheibe 13/18

Der Fall:

Die Redakteurin einer regionalen Wochenzeitung berichtet über berufliche Termine ihres Ehemannes. Dieser ist  hauptamtlicher Erster Stadtrat und Stellvertreter des Bürgermeisters einer Kleinstadt. Ein Leser der Zeitung, der auch  Kommunalpolitiker in der Stadt ist, wendet sich wegen des von ihm vermuteten Interessenkonfliktes mit einer Beschwerde an den Presserat. Die Berichterstattung der Redakteurin über ihren Mann sei deutlich parteiisch. Sie schreibe regelmäßig über die Termine, die dieser wahrnehme. Über vergleichbare Termine, die dagegen der Bürgermeister wahrgenommen habe, sei von ihr nicht berichtet worden.

Die Redaktion:

Der Chefredakteur teilt mit, dass die Journalistin seit über 30 Jahren als freie Mitarbeiterin für die Zeitung tätig und nicht angestellt sei. Sie sei auch kein Mitglied einer Partei. Aus dem Umstand, dass sich ihre Kinder und ihr Ehemann parteipolitisch engagierten, ließe sich nicht ableiten, ihr die freiberufliche Tätigkeit zu untersagen. Die Journalistin berichte ausschließlich über kulturelle Veranstaltungen, Vereinsaktivitäten, Jubiläen etc. aus dem gesamten  Verbreitungsgebiet der Zeitung. Weder in der Vergangenheit noch aktuell sei sie mit der kommunalpolitischen Berichterstattung aus der Stadt betraut gewesen. Darauf habe man genau geachtet, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Sofern sie im Rahmen der Berichterstattung ihren Mann erwähnt habe, sei dies allein aufgrund der Tatsache geschehen, dass er in seiner Funktion als Vertreter des Bürgermeisters anwesend gewesen sei. Zentraler Punkt ihrer  Berichterstattungen sei somit nicht ihr Mann, sondern die jeweilige Veranstaltung und deren Anlass gewesen.

Das Ergebnis:

Die Zeitung verletzt mit den vom Beschwerdeführer beanstandeten Veröffentlichungen Ziffer 1 des Pressekodex. Diese definiert unter anderem die Verpflichtung der Presse zu Wahrhaftigkeit und Glaubwürdigkeit. Der Beschwerdeausschuss spricht einen Hinweis aus. Es schadet dem Ansehen der Presse, wenn eine Redakteurin routinemäßig über Veranstaltungen berichtet, bei denen ihr Mann in seiner Funktion als Lokalpolitiker öffentlich auftritt. Diese Konstellation sollte vermieden werden, um die Glaubwürdigkeit der Medien im Hinblick auf eine neutrale und unabhängige Berichterstattung nicht in Gefahr zu bringen.

 

Der Kodex:

Ziffer 1 – Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde

Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse. Jede in der Presse tätige Person wahrt auf dieser Grundlage das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Medien.

 

Vivian Upmann

Autorin

Sonja Volkmann-Schluck ist Journalistin und Referentin für Öffentlichkeitsarbeit.

E-Mail: volkmann-schluck@presserat.de

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