Presserat

Ein Politiker als freier Mitarbeiter

von

aus drehscheibe 01/20

Der Fall 

Ein Politiker schreibt als freier Mitarbeiter einer Lokalzeitung regelmäßig redaktionelle Beiträge über lokalpolitische Themen. Der Beschwerdeführer sieht in der Tätigkeit des Lokalpolitikers für die Zeitung einen Interessenkonflikt. Er kritisiert, dass die politische Aktivität des Autors im Umfeld der von ihm verfassten Beiträge nicht transparent gemacht wird. Es wäre am besten, so meint er, wenn der Politiker gar nicht über lokalpolitische Themen schreiben würde. Außerdem stört er sich daran, dass die Zeitung ohne entsprechende Kennzeichnung Beiträge von Parteien und Vereinen veröffentlicht oder bei solchen Beiträgen ein Kürzel verwendet, dessen zwei Buchstaben offensichtlich auf den Namen der Zeitung hinweisen.

Die Redaktion

Der Redaktionsleiter hält die Beschwerde für unbegründet. Der Autor sei zwar Vorstandsmitglied und Mandatsträger einer örtlichen Partei, doch er habe über einen Informationsbesuch von Parteimitgliedern bei der örtlichen Polizeiinspektion berichtet, ohne dass inhaltlich eine politische Auseinandersetzung mit dem Thema stattgefunden habe. Für den verständigen Leser ergäben sich daraus keine Anhaltspunkte für einen etwaigen Interessenkonflikt zwischen dem Mandat des Autors und dem berichteten Inhalt. Im Übrigen gebe es sowohl die vom Beschwerdeführer vermutete generelle Kennzeichnungspflicht bei Gastbeiträgen ebenso wenig wie die vermeintliche Verpflichtung zur Autoren-Nennung.

Das Ergebnis

Der Beschwerdeausschuss erkennt in der Veröffentlichung eine Verletzung der in Ziffer 6, Richtlinie 6.1, des Pressekodex geforderten Trennung von Tätigkeiten. Er spricht einen Hinweis aus. Aus Gründen der Transparenz wäre es im konkreten Fall notwendig gewesen, dass die Redaktion ihre Leser über die lokalpolitische Rolle des Autors der Berichterstattung informiert. Eine Verletzung der Richtlinie 1.3 des Kodex stellt das Gremium nicht fest. Es folgt der Argumentation der Redaktion, dass es sich bei den vom Beschwerdeführer vorgelegten Veröffentlichungen nicht um offizielle Pressemitteilungen handelt. In diesen Fällen gibt es keine entsprechende Kennzeichnungspflicht.

Kodex

Richtlinie 1.3 – Pressemitteilungen

Pressemitteilungen müssen als solche gekennzeichnet werden, wenn sie ohne Bearbeitung durch die Redaktion
veröffentlicht werden.

Ziffer 6 – Trennung von Tätigkeiten

Journalisten und Verleger üben keine Tätigkeiten aus, die die Glaubwürdigkeit der Presse infrage stellen könnten.

Richtlinie 6.1. – Doppelfunktionen

Übt ein Journalist oder Verleger neben seiner publizistischen Tätigkeit eine Funktion, beispielsweise in einer Regierung, einer Behörde oder in einem Wirtschaftsunternehmen, aus, müssen alle Beteiligten auf strikte Trennung dieser Funktionen achten. Gleiches gilt im umgekehrten Fall.

 

Vivian Upmann

Autorin

Sonja Volkmann-Schluck ist Journalistin und Referentin für Öffentlichkeitsarbeit.

E-Mail: volkmann-schluck@presserat.de

Veröffentlicht am

Zurück

Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Kommentieren

Bei den mit Sternchen (*) markierten Feldern handelt es sich um Pflichtfelder.