Presserat

Flapsiger Titel

von

aus drehscheibe 08/19

Der Fall

„Transe bekommt Haarentfernung bezahlt“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über das Urteil eines Sozialgerichts. Danach muss die gesetzliche Krankenkasse die Kosten tragen, wenn eine Transsexuelle ihre Barthaare bei einer Kosmetikerin entfernen lässt. Eine Person hält den Begriff „Transe“ nicht für objektiv und beschwert sich beim Presserat. Sie sieht unter anderem das Diskriminierungsverbot nach Ziffer 12 des Pressekodex verletzt.

Die Redaktion

Der Chefredakteur der Zeitung hält die Kritik an der Überschrift für berechtigt und spricht von einem bedauerlichen Fauxpas. Die Formulierung sei an jenem Tag durchgerutscht. Der bearbeitende Redakteur habe diesen Begriff in die Überschrift genommen,  weil sich Transsexuelle ironisierend immer mal wieder selbst als „Transen“ bezeichneten. Das rechtfertige allerdings nicht, merkt der Chefredakteur an, in einer nachrichtlichen Überschrift zu dieser diskriminierenden Vokabel zu greifen. Die Redaktion wolle Transsexuelle nicht diskriminieren. Umso ärgerlicher sei es, dass die Überschrift so erschienen sei. Der Fall sei im Verlauf der Redaktionskonferenz deutlich thematisiert worden. Die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität, die den Beitrag gegenber der Zeitung kritisiert hatte, habe eine entsprechende  Entschuldigung der Redaktion akzeptiert.

Das Ergebnis

Der Presserat hält die Beschwerde für begründet. Der Begriff „Transe“ entfaltet im Kontext der ansonsten sachlichen Meldung einen diskriminierenden Charakter und verletzt die Ziffer 12 des Kodex. Die Verwendung in der Überschrift  verstärkt noch die Wirkung. Auch wenn sich Betroffene ironisierend zuweilen selbst als „Transen“ bezeichnen, sollten Redaktionen bei der Übernahme solcher Begrifflichkeiten besonders sensibel sein. Der Presserat verzichtet auf eine Maßnahme, da die Redaktion glaubhaft versichern konnte, dass es sich um ein Versehen gehandelt hat und ihr ein sensibler  Umgang mit dem Thema Diskriminierung wichtig ist.

Kodex

Ziffer 12 – Diskriminierungen

Niemand darf wegen seines Geschlechts, einer Behinderung oder seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen, religiösen, sozialen oder nationalen Gruppe diskriminiert werden.

Vivian Upmann

Autorin

Sonja Volkmann-Schluck ist Journalistin und Referentin für Öffentlichkeitsarbeit.

E-Mail: volkmann-schluck@presserat.de

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