Hallo, Herr Pfarrer!
von Sonja Volkmann-Schluck
aus drehscheibe 12/2024
Der Fall
Eine Lokalzeitung veröffentlicht ein ausführliches Interview mit dem ältesten Priester des katholischen Bistums zu sich und seiner beruflichen Laufbahn. Eine Person beschwert sich beim Presserat und teilt mit, dass das Interview nicht von einem Redakteur der Zeitung, sondern einem Mitarbeiter der Stabsstelle Medien und Öffentlichkeit der Diözese geführt worden sei. Darüber wären die Leser aber nicht informiert worden.
Die Redaktion
Der Chefredakteur erklärt gegenüber dem Presserat, das Interview sei mit dem Namen des Pressesprechers und mit dem Kürzel „pde“ abgedruckt worden. Dahinter verberge sich die Pressestelle des Bistums. Dieses Kürzel werde immer wieder von der Redaktion verwendet, es sei also eingeführt. Insofern sei das Interview gekennzeichnet. Allerdings habe er die Lokalredaktion darauf hingewiesen, dass sie hier in Zukunft mehr Transparenz walten lassen müsse. Das bloße Kürzel reiche bei einem blattprägenden Artikel wie dem beanstandeten nicht mehr aus.
Das Ergebnis
Der Beschwerdeausschuss spricht eine öffentliche Rüge aus, weil hier ein schwerer Verstoß gegen Ziffer 6 des Pressekodex (Trennung von Tätigkeiten) vorliegt. Presseethisch wäre es zwingend erforderlich gewesen, die Leserschaft darüber zu informieren, dass der Autor des Beitrags nicht Mitglied der Redaktion, sondern Pressesprecher ist. Das Kürzel „pde“ ist hier nicht ausreichend, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass alle Leser wissen, was sich dahinter verbirgt.
Der Kodex
Ziffer 6 – Trennung von Tätigkeiten
Journalisten und Verleger üben keine Tätigkeiten aus, die die Glaubwürdigkeit der Presse infrage stellen könnten.
Richtlinie 6.1 – Doppelfunktionen
Übt ein Journalist oder Verleger neben seiner publizistischen Tätigkeit eine Funktion, beispielsweise in einer Regierung, einer Behörde oder in einem Wirtschaftsunternehmen aus, müssen alle Beteiligten auf strikte Trennung dieser Funktionen achten. Gleiches gilt im umgekehrten Fall.
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