Neue Discounter-Filiale vorgestellt
von Sonja Volkmann-Schluck
Der Fall:
Ein großer Discounter eröffnet eine neue Filiale in einem Einkaufszentrum. Die Regionalzeitung zitiert die Pressemitteilung des Discounters: Es entstehe „eine großzügige Filiale der Zukunft“. Zum Konzept gehörten eine sogenannte Cool Box mit Snacks und Getränken, mit einem Kaffeeautomaten, Sitzgelegenheiten und „digitalen Info-Screens“. Ein Leser kritisiert, dass der Artikel im gleichen Wortlaut wie die Pressemitteilung des Discounters verfasst sei. Der Beitrag sei kein journalistischer Artikel, sondern käme einer Anzeigenschaltung durch den Discounter gleich. Deshalb hätte die Zeitung ihn als „Anzeige“ kennzeichnen müssen
Die Redaktion:
Ein mit einer Werbeanzeige vergleichbarer Text liege erkennbar nicht vor, meint der Justiziar der Zeitung. Der Artikel basiere selbstverständlich auf der Pressemitteilung des Discounters. Sinn und Zweck von Pressemitteilungen sei es ja gerade, der Presse Informationen zur Verfügung zu stellen, die diese dann in die eigene Berichterstattung einfließen lassen könne. Die Informationen seien eindeutig redaktionell aufbereitet und in eine informative Berichterstattung umgewandelt worden. Der Text beziehe sich auf die Angaben des Discounters als Quelle und mache kenntlich, dass es sich um Aussagen des Unternehmens handele. Es sei für die lokale Öffentlichkeit sehr wohl von Interesse, wenn ein großer Discounter eine Filiale mit einem neuartigen Konzept eröffne, zumal wenn dieser bislang für seine Funktionalität und absolut minimalistische Gestaltung bekannt gewesen sei. Der Artikel weise auch keinen anpreisenden oder werblichen Charakter auf, sondern berichte sachlich und ausgewogen über die angekündigten Angebote und Veränderungen in dem Einkaufszentrum.
Das Ergebnis:
Der Beschwerdeausschuss erkennt keinen Verstoß gegen die in Ziffer 7 des Pressekodex geforderte klare Trennung von Werbung und Redaktion. Er bewertet die Beschwerde als unbegründet. Der Artikel zitiert die Informationen aus der Pressemitteilung und nennt eindeutig den Discounter als Quelle. Damit ist der Text klar als redaktionelle Bearbeitung der Pressemitteilung erkennbar. Insofern liegt auch kein Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht von Pressemitteilungen gemäß Richtlinie 1.3 des Pressekodex vor. Auch ein Verstoß gegen das Schleichwerbeverbot aus Richtlinie 7.2 des Pressekodex ist nicht anzunehmen. Eine Überschreitung der Grenze zur Schleichwerbung liegt immer dann nahe, wenn die Veröffentlichung über das Informationsinteresse der Leser hinausgeht. Dies ist hier nicht der Fall: Zwar rückt der Artikel ausschließlich ein Unternehmen in den Mittelpunkt. Es überwiegt jedoch das Interesse der Leser, über eine neue Nahversorgungsmöglichkeit vor Ort informiert zu werden.
Der Kodex:
Ziffer 7 - Trennung von Werbung und Redaktion
Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken. Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.
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