Presserat

Rezept mit fadem Beigeschmack

von

aus drehscheibe 13/19

Der Fall 

Eine Regionalzeitung setzt sich mit dem Thema Kartoffel auseinander, die in der Überschrift als „Beliebter Alleskönner“ bezeichnet wird. Der Autor nennt auch Rezepte und verweist auf die Website einer Supermarktkette. Am Ende der Doppelseite werden hundert Einkaufsgutscheine dieses Anbieters verlost. Ein Leser der Zeitung sieht in der Veröffentlichung einen Fall von Schleichwerbung.

Die Redaktion

Der Chefredakteur versichert, dass es sich bei dem Beitrag um eine rein redaktionelle Verarbeitung des Themas handelte. Das Unternehmen habe mit der redaktionellen Planung und Realisation des Beitrags nichts zu tun. Man habe die ­Rezepte als zusätzlichen Service zur Titelgeschichte – dem Porträt eines Kartoffelbauern aus der Region im Rahmen der Serie „Regional genießen“ – angeboten. Der Verweis auf das Rezeptportal der Supermarktkette solle ein Mehrwert für die Leser sein. Die beschriebene Verlosung sei ein allgemeines Angebot der ­Firma, das in diesem Zusammenhang passend erschienen sei. Eine Irreführung des Lesers hält der Chefredakteur für unwahrscheinlich, da der Hinweis „Wir haben mit der Firma Rezepte gesammelt“ offen kommuniziert worden sei.

Das Ergebnis

Der Beschwerdeausschuss sieht in dem Beitrag eine Verletzung der in Ziffer 7 des Kodex geforderten klaren Trennung von Redaktion und Werbung. Er spricht eine Missbilligung aus. Durch die alleinige Erwähnung des Anbieters wird die Grenze zwischen einer Berichterstattung von öffentlichem Interesse und Schleichwerbung nach Richtlinie 7.2 des Pressekodex deutlich überschritten. Die Redaktion liefert keinerlei Begründung dafür, warum ausschließlich auf die Rezepte der Supermarktkette hingewiesen wird. Hinzu kommt eine gemeinsame Verlosung des Verlags und der Kette. Darin sieht der Presserat Schleichwerbung für den mehrfach genannten Anbieter.

Kodex

Ziffer 7 – Trennung von Werbung und Redaktion

Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken. Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.

Richtlinie 7.2 – Schleichwerbung

Redaktionelle Veröffentlichungen, die auf Unternehmen, ihre Erzeugnisse, Leistungen oder Veranstaltungen hinweisen, dürfen nicht die Grenze zur Schleichwerbung überschreiten. Eine Überschreitung liegt insbesondere nahe, wenn die Veröffentlichung über ein begründetes öffentliches Interesse oder das Informationsinteresse der Leser hinausgeht oder von dritter Seite bezahlt bzw. durch geldwerte Vorteile belohnt wird. Die Glaubwürdigkeit der Presse als Informationsquelle gebietet besondere Sorgfalt beim Umgang mit PR-Material.

 

Vivian Upmann

Autorin

Sonja Volkmann-Schluck ist Journalistin und Referentin für Öffentlichkeitsarbeit.

E-Mail: volkmann-schluck@presserat.de

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