Zu viel im Bilde
von Sonja Volkmann-Schluck
aus drehscheibe 11/2024
Der Fall
Eine Regionalzeitung berichtet in zwei Artikeln über die Eröffnung einer Filiale einer Schnäppchenmarkt-Kette. Unter der Überschrift „Riesen-Andrang im neuen ‚Action‘ – das ist der skurrilste Artikel“ zeigt die Redaktion eine Fotogalerie mit 28 Bildern aus dem Markt, auf denen Räume und Produkte zu sehen sind. Ein Leser sieht darin Schleichwerbung. Die Berichterstattung sei überschwänglich und überdimensioniert
Die Redaktion
Der Chefredakteur führt aus, es gebe offensichtlich einen großen Bedarf an Informationen über das Angebots-Spektrum des Discounters. Er nennt die ungewöhnlich hohen Aufrufe der redaktionellen Ankündigung der neuen Filiale, obwohl der Artikel jenseits der Bezahlschranke veröffentlicht gewesen sei. Wegen der hohen Zahl an Klicks habe die Lokalredaktion beschlossen, die Filialeröffnung redaktionell zu begleiten. Dieser ebenfalls kostenpflichtige Artikel und die Bildstrecke von 28 Fotos ohne Untertitel, ohne Einordnung oder Bewertung sei ebenfalls überdurchschnittlich häufig aufgerufen worden. Die Zahlen belegten ein sehr großes öffentliches Interesse und rechtfertigten somit die Berichterstattung.
Das Ergebnis
Der Beschwerdeausschuss beschließt einstimmig eine öffentliche Rüge wegen einer Verletzung der in Pressekodex Ziffer 7 geforderten klaren Trennung von Redaktion und Werbung. Über eine Geschäftseröffnung kann zwar grundsätzlich berichtet werden, da ein neues Angebot in der Region zumindest für einen Teil der Leserschaft von Interesse ist. Aber die Galerie mit 28 Fotos, auf denen zu einem großen Teil ausschließlich Regale mit angebotenen Produkten zu sehen sind, überschreitet die Grenze zur Schleichwerbung eindeutig. Eine solche Präsentation der Angebotspalette eines neuen Schnäppchenmarktes ist nicht mehr durch ein öffentliches Interesse gedeckt.
Der Kodex
Ziffer 7 – Trennung Werbung und Redaktion
Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken. Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.
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