Auskunft verweigert
von Oliver Stegmann
aus drehscheibe 03/19
Die Presse kann sich gegenüber der öffentlichen Hand auf besondere Auskunftsansprüche berufen, die in den Landespressegesetzen geregelt sind. Dieses Recht ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Presse ihre Funktion als „Wächter“ erfüllen kann. Oft aber weigern sich Behörden, Journalisten die gewünschten Auskünfte zu erteilen. Dann hilft nur der Gang vor die Gerichte – wie dieser Fall anschaulich zeigt.
Der Nordbayerische Kurier aus Bayreuth richtete im Jahr 2013 ein Auskunftsersuchen an den Bayerischen Landtag. Hintergrund der Anfrage war, dass ein Abgeordneter der CSU seine Ehefrau als Sekretärin in seinem Abgeordnetenbüro zu Hause beschäftigt und sie dafür aus der Mitarbeiterpauschale vergütet hatte. Die Zeitung wollte wissen, wie viel der Politiker seiner Frau zahlte. Die Präsidentin des Landtags verweigerte die Auskunft. Dem schloss sich ein Klageverfahren an, das erst fünf Jahre später vor dem Bundesverwaltungsgericht zu einem glücklichen Ende für die Zeitung kam.
Vorausgegangen war ein Urteil des Verwaltungsgerichts München, das den Auskunftsanspruch bejahte, von der nächsten Instanz, dem Verwaltungsgerichtshof München, im November 2016 jedoch wieder kassiert wurde. Der Verwaltungsgerichtshof begründete seine Entscheidung wie die Präsidentin des Landtages damit, dass das Interesse der Ehefrau vor „unbefugter Weitergabe ihrer personenbezogenen Daten“ überwiege. Hinzu komme das Interesse des CSU-Abgeordneten, die Freiheit seines Mandats zu schützen.
Das Bayerische Abgeordnetengesetz verpflichte nicht dazu, die Kosten zu veröffentlichen, die einem Landtagsmitglied durch Arbeits-, Dienst- und Werkverträge entstanden seien, urteilte das Gericht. Öffentlich bekannt seien lediglich die Höchstbeträge, bis zu denen ein Landtagsabgeordneter Erstattung seiner Kosten verlangen könne. Ein Anspruch auf nähere persönliche Lebenssachverhalte, wie etwa die durch einzelne Mitarbeiter entstandenen Kosten, bestehe hingegen nicht.
Der Nordbayerische Kurier ließ das nicht als letzte Antwort gelten, sondern legte Revision ein und begründete sie damit, dass dem Auskunftsanspruch keine Verschwiegenheitspflicht entgegenstehe. Das Interesse der Ehefrau an der Geheimhaltung ihrer personenbezogenen Daten sei geringer zu bewerten als das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Aufklärung der „Verwandtenaffäre“ des Bayerischen Landtags. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass bei Gehältern, die von der öffentlichen Hand bezogen werden, nicht das gleiche Schutzniveau gelte wie bei Gehaltszahlungen in der Privatwirtschaft.
Das Bundesverwaltungsgericht folgte den Argumenten der Zeitung und befand, dass die Verweigerung der Auskunft durch den Verwaltungsgerichtshof den durch das Grundgesetz geschützten Auskunftsanspruch der Presse verletze. Eine Auskunft könne nach dem bayerischen Landespressegesetz nur verweigert werden, sofern die um Auskunft ersuchte Stelle zur Verschwiegenheit verpflichtet sei. Zwar habe die Ehefrau ein schutzwürdiges Interesse, dass die Information über ihren Verdienst nicht an die Presse weitergegeben werde. Diese Informationen beträfen allerdings lediglich ihre Sozialsphäre und seien deshalb weniger schutzwürdig als das Informationsinteresse der Öffentlichkeit.
Für die Auskunft sprach nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auch, dass die vergleichsweise große Freiheit des Abgeordneten, über die Mittel zu verfügen, ein „gewisses abstraktes Missbrauchspotenzial“ in sich trage. Dies rechtfertige ein Aufklärungsinteresse der Presse, um zu überprüfen, ob die Vergütung angemessen sei. Auch datenschutzrechtliche Aspekte aufgrund der Datenschutzgrundverordnung vereitelten nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts nicht den Anspruch auf Auskunft.
Der Fall macht deutlich, dass es für eine gelebte Pressefreiheit wichtig ist, sich nicht durch negative Gerichtsentscheidungen entmutigen zu lassen und den Weg durch die Instanzen auszuschöpfen. Ansonsten ist der Wachhund Presse leider nur ein Papiertiger.
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