Fotos in Zeiten der DSGVO
von Oliver Stegmann
aus drehscheibe 14/19
In Zeiten digitaler Fotografie ist jedes Foto, auf dem ein Mensch erkennbar ist, ein datenschutzrechtlich relevanter Vorgang. Denn aus den in den Fotodateien gespeicherten Daten ergibt sich, wer sich wann wo aufgehalten hat; das Auslesen oder Speichern dieser Daten ist ein automatisiertes Verarbeiten personenbezogener Daten im Sinne der DSGVO. Meist enthalten Fotografien sogar die zusätzlich geschützten besonderen personenbezogenen Daten, weil sich mit ihnen die kulturelle oder ethnische Herkunft sowie biometrische Daten erkennen lassen.
Aber die DSGVO gilt nicht generell für jedes Foto, auf dem Menschen zu sehen sind. Werden personenbezogene Daten ausschließlich im persönlichen oder familiären Rahmen verarbeitet, fällt das nicht unter die Verordnung.
Diese Ausnahme hilft Medienunternehmen jedoch nicht weiter. Allerdings können sie sich auf das sogenannte Medienprivileg berufen. Die DSGVO enthält in Artikel 85 eine Öffnungsklausel. Danach sind die Mitgliedsstaaten ermächtigt, das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten durch die DSGVO mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung in Einklang zu bringen. Die Ausgestaltung dieses Medienprivilegs ist wiederum Ländersache. Der Gesetzgeber in Deutschland hat inzwischen davon Gebrauch gemacht – wenn auch noch nicht in allen Landespressegesetzen. Leider ist die Regelung des Medienprivilegs alles andere als einfach verständlich.
Ein Beispiel: In Hamburg wird im Landespressegesetz auf den Staatsvertrag über das Medienrecht in Hamburg und Schleswig-Holstein (Medienstaatsvertrag HSH) in der jeweils geltenden Fassung verwiesen. Dieser bestimmt, dass viele Vorschriften der DSGVO bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zu journalistischen Zwecken keine Anwendung finden. Medienunternehmen unterliegen, soweit das Medienprivileg reicht, auch nicht der Aufsicht durch die Datenschutzbehörden. Allerdings werden die Unternehmen durch den Medienstaatsvertrag auf das sogenannte Datengeheimnis verpflichtet. Es bedeutet, dass personenbezogene Daten ausschließlich zu journalistischen Zwecken verarbeitet werden dürfen. Daher dürfen etwa solche Daten, die die Redaktion bei Recherchen erhebt und verarbeitet (also auch Fotografien), nach erfolgter Berichterstattung nicht an die Verlagsabteilungen weitergegeben werden, etwa um interessierte neue Leser zu gewinnen oder zu Veranstaltungen einzuladen. Außerdem müssen Redaktionen die zu journalistischen Zwecken gesammelten Daten durch angemessene und wirksame technisch-organisatorische Maßnahmen gegenüber fremdem Zugriff absichern. Die Bedeutung des Redaktionsgeheimnisses wird dadurch zusätzlich untermauert.
Eine Definition, was genau Verarbeiten von Daten „zu journalistischen Zwecken“ ist, enthält die DSGVO nicht. Hier hilft jedoch der Bundesgerichtshof weiter: Er geht davon aus, dass Daten zu journalistischen Zwecken verarbeitet werden, wenn eine Veröffentlichung an einen unbestimmten Personenkreis beabsichtigt wird. Als Tätigkeiten sind nicht nur die eigentliche Veröffentlichung geschützt, sondern auch die Recherche, die redaktionelle Aufbereitung sowie die Dokumentation und Archivierung der Berichterstattung.
Weiterhin zu beachten ist beim Verbreiten von Fotografien, auf denen sich Personen befinden, das aus dem Jahr 1907 stammende Kunsturheberrechtsgesetz (KUG). Danach dürfen Bildnisse von Personen in bestimmten Ausnahmefällen ohne deren Einwilligung verbreitet werden. Die Ausnahmen greifen, wenn die Bilder Zeitgeschehen dokumentieren, Personen auf Versammlungen zeigen oder wenn die Personen auf den Bildern nur „Beiwerk“ einer Landschaft oder Örtlichkeit sind. Wenn diese Ausnahmen nicht einschlägig sind, ist die Einwilligung der abgebildeten Person erforderlich, bevor das Foto verbreitet werden darf.
Vertreter eines strengen Datenschutzes sind der Auffassung, dass das KUG durch die Regelungen in der DSGVO verdrängt wurde. Allerdings sehen das die Instanzgerichte anders und wenden das KUG weiterhin an.
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