Presserecht

Geheime Liebe muss geheim bleiben

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Regelmäßig finden sich in Unterhaltungsmedien enthüllende Berichte über die Liebesbeziehungen von Prominenten. Derartige Artikel betreffen die Privat- oder gar die Intimsphäre und greifen in die grundrechtlich geschützten Persönlichkeitsrechte des Betroffenen ein. Sie sind daher nur dann zulässig, wenn gesteigertes öffentliches Interesse besteht und die Pressefreiheit somit die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen überwiegt. Hierbei sind die Grundrechte abzuwägen und sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.

Damit beschäftigte sich der Bundesgerichtshof zuletzt im Mai 2017. Der Entscheidung lag eine Klage des Sängers Tim Bendzko gegen die Bild-Zeitung zugrunde. Diese hatte 2014 sowohl in der Print- als auch in der Online-Ausgabe über die Lebensgefährtin des Sängers berichtet und damit die Liebesbeziehung öffentlich gemacht. Bendzko selbst hatte die Beziehung bis zu diesem Zeitpunkt geheim gehalten. Durch das Outing sah er sich in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt und verlangte unter anderem Unterlassung und Ersatz der ihm durch die anwaltliche Abmahnung entstandenen Kosten. Der Bundesgerichtshof gab dem Sänger recht: Er sah in der Berichterstattung über die von Bendzko selbst bisher geheim gehaltene Liebesbeziehung einen Eingriff in dessen Persönlichkeitsrechte. Ein gesteigertes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, das diesen Eingriff rechtfertigen könnte, konnte der BGH weder aufgrund der Bekanntheit des Sängers noch der Art der Berichterstattung feststellen.

In einer früheren Entscheidung hatte der Bundesgerichtshof ein gesteigertes Interesse der Öffentlichkeit an dem Privatleben eines Politikers unter Verweis auf demokratische Transparenz und die Rolle der Presse als „Wachhund der Öffentlichkeit“ grundsätzlich bejaht. Auf einen Prominenten aus dem Unterhaltungsbereich wie Tim Bendzko sei diese Entscheidung aber nicht übertragbar. Zwar könne er als Person des öffentlichen Lebens ebenfalls eine Vorbildfunktion erfüllen, was ein gesteigertes Interesse der Öffentlichkeit auch an seinem Privatleben begründen könne. Die Berichterstattung der Bild-Zeitung enthalte aber keinerlei meinungsbildende Aspekte, sondern beschränke sich durch die reine Offenbarung der Liebesbeziehung vielmehr darauf, die Neugier der Leser zu befriedigen. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an derartigen Informationen sei im Ergebnis nicht gewichtig genug, um den Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Sängers rechtfertigen zu können.

Der Bundesgerichtshof gestand Bendzko Anspruch auf Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten zu. Gleichzeitig betonte das Gericht jedoch, dass der vorliegende Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Sängers nicht schwerwiegend sei. Sprich: Einen Anspruch auf Schmerzensgeld hätte der Sänger also nicht geltend machen können.

Bei der Entscheidung stützte sich der Bundesgerichtshof auf folgende allgemeine Leitlinien, die bei der Berichterstattung über das Privatleben von Personen des öffentlichen Lebens (auch im Lokalen) immer zu beachten sind:

  • Je intimer der Gegenstand der Berichterstattung ist, desto schwerer wiegt der Schutz der Persönlichkeitsrechte des Betroffenen.
  • Politiker sind weniger schutzwürdig als sonstige Prominente.
  • Prominente können sich nicht auf die Verletzung von Persönlichkeitsrechten berufen, wenn sie die betreffende Information über ihr Privatleben zuvor bereits selbst offenbart haben.
  • Je höher der Informationsgehalt in einer Berichterstattung ist, desto eher überwiegt das Informationsinteresse der Öffentlichkeit die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen.
Anke Wilhelm

Autorin

Anke Wilhelm ist selbstständige Anwältin. Darüber hinaus ist sie Legal Counsel in der Rechtsabteilung von Tom Tailor und befasst sich dort überwiegend mit Marken und Designs.
Telefon: 0160 – 774 62 07
E-Mail: anke.wilhelm@gmx.net

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