Geheimnisse lüften
von Anke Wilhelm
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind Informationen, deren nicht offenkundiger Inhalt nach dem Willen ihres Inhabers geheim gehalten werden soll und an deren Geheimhaltung der Inhaber ein berechtigtes Interesse hat. Sie sind rechtlich umfassend geschützt. Ihr Verrat stellt nicht nur einen Verstoß gegen den lauteren Wettbewerb dar, sondern ist auch strafrechtlich sanktioniert. Auch der presserechtliche Auskunftsanspruch ist im Hinblickauf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse eingeschränkt.
Eine Ausnahme vom generellen Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig nun aber in seiner Entscheidung vom 25. März 2015 bestätigt: Wenn das öffentliche Interesse die Vertraulichkeitsinteressen der Inhaber an den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen überwiegt, muss die betreffende Behörde der Presse über diese Informationen Auskunft erteilen.
Der Entscheidung lag ein Auskunftsersuchen eines Journalisten an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zugrunde. Nach der Schließung des Flughafens Tempelhof in Berlin waren Teile des Flughafengeländes an ein privates Unternehmen vermietet worden, das dort zweimal im Jahr Modemessen veranstaltet. Eigentümer der Teilflächen waren die Bundesrepublik Deutschland und das Land Berlin. Die Wirtschaftlichkeit dieses Mietverhältnisses wurde öffentlich angezweifelt. Angeblich habe ein Filmunternehmen eine weit höhere Summe für die Nutzung der Flächen angeboten. Außerdem seien im Entscheidungsverfahren die parlamentarischen Gremien übergangen worden.
Vor diesem Hintergrund wollte der Journalist Auskunft über die erhobene Miete und über weitere Konditionen des Mietverhältnisses. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben verweigerte diese Auskunft mit der Begründung, dass es sich dabei um geheimhaltungsbedürftige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Daraufhin erhob der Journalist Klage. Nachdem das Verwaltungsgericht Köln diese zunächst abgewiesen hatte, gewährte das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen dem Journalisten in der zweiten Instanz einen Auskunftsanspruch aus dem Landespresserecht von Nordrhein-Westfalen.
Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte nun den Auskunftsanspruch des Journalisten im Ergebnis und stellte dabei klar, dass sich dieser Anspruch im vorliegenden Fall direkt aus der Verfassung ergebe. Bei den vermieteten Flächen handele es sich um Liegenschaften des Bundes, auf die Landesgesetze nicht anwendbar seien. Da der Bundesgesetzgeber jedoch einen presserechtlichen Auskunftsanspruch bislang nicht geregelt habe, sei dieser unmittelbar auf die in Artikel 5 des Grundgesetzes festgelegte Pressefreiheit zu stützen.
Das Bundesverwaltungsgericht begründete seine Entscheidung damit, dass wegen der öffentlichen Kritik an dem gegenständlichen Mietverhältnis das Informationsinteresse des Klägers als Pressevertreter überwiege. Nur mithilfe der gewünschten Auskünfte könne sich der Kläger ein Bild von der Wirtschaftlichkeit der Vermietung machen. Geheimhaltungsinteressen der am Mietverhältnis beteiligten Parteien müssten daher in diesem konkreten Fall zurückstehen.
Mit dieser Entscheidung stärkt das Bundesverwaltungsgericht die Auskunftsrechte der Presse gegenüber Behörden. Wenn das öffentliche Informationsinteresse das Geheimhaltungsinteresse überwiegt, müsse demnach der ansonsten sehr weit reichende Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen eingeschränkt werden. Die zur Befriedigung dieses Interesses notwendigen Auskünfte müssen erteilt werden.
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