Warentest

Mangelhaft mit Macken

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Fast zehn Kilo Schokolade isst jeder Deutsche im Jahr. Grund genug für die Stiftung Warentest, pünktlich in der süßigkeitslastigen Vorweihnachtszeit, einen Produkttest von Schokolade zu publizieren. Die Ritter-Sport-Sorte „Voll-Nuss“ wurde mit „mangelhaft“ bedacht. Grund: Die Warentester hatten in der Schokolade den Aromastoff Piperonal gefunden und nahmen an, dass dieser Stoff chemischen Ursprungs sein müsse. Das Qualitätsurteil„mangelhaft“ stützte sich darauf, dass das Zutatenverzeichnis von Ritter Sport irreführend sei, weil dort ausschließlich natürliche Aromen angegeben waren. Qualität und Geschmack der Schokolade beurteilten die Warentester als gut.

Mit der von Stiftung Warentest gewählten Analysemethode war die Herkunft des Aromastoffs Piperonal allerdings nicht feststellbar. Der Stoff kommt in der Natur in Blütenölen und in Pfeffer- oder Dillpflanzen vor. Der Zulieferer des Aromastoffs versicherte, dass der Stoff aus Pflanzen in einem rein physikalischen Verfahren gewonnen und daher natürlichen Ursprungs sei. Mit dieser Argumentation zog Ritter Sport vor das Landgericht München I –und war erfolgreich. Per einstweiliger Verfügung untersagte das Gericht den Warentestern, die Behauptung zu verbreiten, in der Ritter-Sport-Schokolade sei chemisch hergestelltes Piperonal enthalten und die Deklaration auf der Verpackung „Natürliches Aroma“ sei deshalb irreführend. Das letzte Wort ist in der Sache allerdings noch nicht gesprochen, die Stiftung Warentest kündigte bereits an, sie werde die Entscheidung angreifen.

Auch wenn Lokalredaktionen so groß angelegte Produkttests wie die der Stiftung Warentest nicht durchführen, stellt sich die Frage, welche rechtlichen Rahmenbedingungen für solche Tests und die Berichterstattung darüber gelten. Denn auch die Recherche der telefonischen Erreichbarkeit der örtlichen Elektrohändler oder der Test, welche Currywurst in der Stadt am besten schmeckt, fällt in die Kategorie „Warentests“, für die der Bundesgerichtshof (BGH ) einige Grundregeln aufgestellt hat.

Demzufolge bewegen sich Testberichte in der Regel im Bereich der Meinungsäußerung. Das gilt vor allem für die zusammenfassende Bewertung in Noten wie „gut“ oder eben „mangelhaft“. Die Warentester genießen laut Bundesgerichtshof einen großen Beurteilungs- und Bewertungsspielraum, da ansonsten die Gefahr bestünde, dass sich die Wirtschaft gegen solche Tests „abschottet“. Rechtlich angreifbar sind die Endnoten daher nur in Ausnahmefällen – und zwar dann, wenn sie auf Tatsachen beruhen, die nicht zutreffen.

Wird zum Beispiel Currywurst getestet, muss nachvollziehbar sein, an welchen Imbissbuden sie probiert wurde und wie viel sie jeweils gekostet hat. Bei der Bewertung des eigentlichen Produkts, also etwa, dass die Currywurst „zu fad gewürzt“ gewesen sei, sind die Tester dagegen ziemlich frei. Oft bewegen sich Aussagen allerdings in einem Grenzbereich, zum Beispiel beim Befund, die Currywurst sei nur noch einmal aufgewärmt gewesen. Kommt es hier zum Streit und kann der Imbissbudenbesitzer belegen, dass er seine Ware stets frisch zubereitet und anbrät, ist die Bewertung wohl nicht haltbar.

Als Grundregel gilt bei Testberichten zu beachten, dass sie neutral und objektiv sein müssen; außerdem muss der Tester über die nötige Sachkenntnis verfügen. Bei vergleichenden Tests muss die Zusammensetzung der Testobjekte sinnvoll sein, das heißt, die getesteten Waren müssen nach Preis, Qualität und Verwendungsart vergleichbar sein. Sämtliche Hersteller der Produktart müssen allerdings nicht berücksichtigt werden, ein repräsentativer Querschnitt reicht aus – vorausgesetzt, es wird im Bericht darauf hingewiesen. Neben der Auswahl der Produkte muss auch die Auswahl der Prüfmuster repräsentativ sein. Objektiv bedeutet im Übrigen nicht, dass der Bericht objektiv richtig sein muss, sondern dass der Tester sich um Richtigkeit zu bemühen hat. Zur Objektivität gehört, eine Bewertung nachvollziehbar zu machen. Es reicht nicht, eine Currywurst einfach mit „schmeckt nicht“ zu bewerten. Dem Testurteil sollte zum Beispiel hinzugefügt werden: „war nicht genug angebraten und innen noch kalt“.

Oliver Stegmann

Autor

Dr. Oliver Stegmann ist als Rechtsanwalt in Hamburg zugelassen und Partner der Kanzlei Esche Schümann Commichau. Zuvor hat er unter anderem als Justiziar für die Frankfurter Allgemeine Zeitung gearbeitet und zu einem presserechtlichen Thema promoviert.

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