Von den analogen Anfängen zur Zeitung der Zukunft
von Rouven Kühbauch
150 Jahre alt wird das Flensburger Tageblatt im Jahr 2015. Aus diesem Anlass befasst sich die Zeitung in einer Jubiläumsausgabe mit der eigenen Geschichte, von den analogen Anfängen bis zur digitalen Strategie für die Zukunft. In der von einem Flensburger Künstler illustrierten Sonderausgabe kommen Jungredakteure und Volontäre des Blattes zu Wort und äußern sich über die Zukunft der Zeitung.
Der Schriftsetzer von damals, Friedrich Callsen, erinnert sich: Zum Hundertsten spendierte der Produktionsleiter „jedem eine Zigarette und ein Bier. Das war’s.“ Seitdem hat sich einiges geändert: Der Beruf des Schriftsetzers ist ausgestorben, die Zeitung vollständig digitalisiert. Nur ausgedruckt wird sie auch heute noch. Das 150. Jubiläum feierte das Flensburger Tageblatt am 15. Juni 2015 mit einer Sonderbeilage, diese setzt zwei Schwerpunkte auf die Geschichte und die Zukunft der Zeitung.
Online ist der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag seit 1998. Es gab damals unter anderem einen Nachrichtenticker. Ein Verzeichnis listete außerdem die wichtigsten Internetadressen der Region auf. Der Online-Chefredakteur Joachim Dreykluft erklärt: „Das war damals nützlich, denn Google wurde erst im Herbst desselben Jahres gegründet.“ Heute hat jede Lokalzeitung des SHZ eine Online-Redaktion. In den letzten Jahren sind Social-Media-Auftritte und Tablet-Apps zum Angebot hinzugekommen. Ein Newsletter, in dem der Chef über Diskussionen innerhalb der Redaktion berichtet, soll Nähe zwischen den Lesern und der Zeitung aufbauen. Auch WhatsApp wird heute als Medium genutzt. Man will die Leser dort abholen, wo sie sich aufhalten.
Die Stimme des Nachwuchses
Wie sieht der Blick in die Zukunft aus? In der Jubiläumsbeilage kommen diejenigen zu Wort, die am meisten davon betroffen sind: Volontäre und junge Redakteure äußern ihre Einschätzung zum Thema. Dabei scheint Konsens zu sein: Der Printjournalismus wird sich verändern. Er werde sich auf tiefgehende Analyse, Hintergrund und Sachlichkeit konzentrieren, doch ob die gedruckte Zeitung arbeitsteilig mit dem Onlineprodukt mithalten kann, da ist man sich uneins. Volontär Christoph Käfer kann sich etwa durchaus vorstellen, dass die Zeitung der Zukunft nur noch zweimal die Woche erscheint. Jungredakteur Tobias Fligge misst Live-Journalismus in der Zukunft große Bedeutung zu. Die Volontärin Cornelia Pfeifer findet, insgesamt komme es auf die Inhalte an, welcher Kanal bedient werde, sei zweitrangig. Lokale Berichterstattung werde in der Zukunft noch wichtiger werden, die Zeitung von morgen müsse daher in der Lage sein, überregionale Themen auf die lokale Ebene herunterzubrechen. Netzwerk-Redakteurin Anja Christiansen plädiert für eine enge Zusammenarbeit zwischen Print und Online. Sie ist sich sicher: Die Leser wollen „kritische Berichterstattung und relevante wie exklusive Geschichten.“
Jim Lacey, Dozent für Medieninformatik an der FH Flensburg, der in der Beilage auch zu Wort kommt, ist ebenfalls überzeugt davon, dass die gedruckte Zeitung mit Qualität erfolgreich sein könne. Ironisch führt er an: „Ich kann „20+ Tier-Bäuche, die jetzt gestreichelt werden müssen“ oder „Mini-Hamster essen Mini-Burritos“ sehr empfehlen. Online-Angebote sind eine hervorragende Ergänzung zur gedruckten Zeitung. Ergänzung, aber nicht Ersatz.“
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