Missbrauch in der Arztpraxis
von Marcus Klose
In einer Folge des Podcasts „Tatort Mainviereck – True Crime vom Untermain“ des Main-Echos wird der Fall eines Kardiologen aufgerollt, der brutal das Vertrauen seiner Patientinnen ausgenutzt und sie missbraucht hat.
Idee
Es ist wohl eine der dreistesten Arten von Vertrauensmissbrauch, die man sich vorstellen kann: Im unterfränkischen Kreis Miltenberg wurden mehrere Frauen in der Praxis eines Kardiologen, etwa bei Ultraschalluntersuchungen, sexuell missbraucht. „Als bereits der Gerichtsprozess lief, hat mich meine Kollegin aus der Blaulicht-Redaktion, Gerichtsreporterin Katrin Filthaus, auf den Fall aufmerksam gemacht und meinte, das wäre doch was für unseren Podcast“, erzählt Mara Pitz, Online-Redakteurin des Main-Echos. Für die Zeitung produziert sie einmal im Monat den True-Crime-Podcast „Tatort Mainviereck – True Crime vom Untermain“.
Recherche
„Zunächst war ich skeptisch, da es in unserem Podcast meist buchstäblich um Mord und Totschlag geht“, sagt Pitz. Doch das enorme Ausmaß und dieser heftige Vertrauensmissbrauch seitens eines Mediziners haben sie schließlich überzeugt.
Umsetzung
Zusammen mit Filthaus, die den Fall für die Zeitung zuvor begleitet hatte, nahm Pitz die Folge im Podcast-Studio der Zeitung auf und schnitt sie mit dem Programm DaVinci. Insgesamt betrug der Aufwand zwei Arbeitstage. Beworben wurde die Folge, wie auch alle anderen, mit einem kleinen Text von Pitz auf der Titelseite der Zeitung und einer Eigenanzeige.
Besonderheiten
„Unabhängig von der Podcastfolge hat es mich sehr berührt, dass sich durch unsere Berichterstattung in der Zeitung, zu der es auch ein ganzes Dossier gibt, weitere Opfer gemeldet haben. Anschließend gab es sogar einen neuen Prozess und eine Verurteilung“, erklärt Pitz. Im konfiszierten Telefon des überführten Täters wurde außerdem Filmmaterial gefunden: Er hatte Frauen auch unter dem Rock gefilmt. Das erinnerte Pitz an den bekannten Vergewaltigungsfall im südfranzösischen Mazan. „Das zeigt, dass auch ‚kleinste Delikte‘ sexualisierter Gewalt thematisiert und zur Anzeige gebracht werden müssen.“
Reaktionen
Zur konkreten Folge habe es keine speziellen Rückmeldungen gegeben. Doch Pitz sagt: „Das größte Lob für uns ist, dass die Hörer den Podcast eigentlich immer direkt hören, wenn er rauskommt. Die größten Abrufzahlen haben wir immer an Tag eins und zwei.“ Das zeige, dass die Leute sich darauf freuen würden.
drehscheibeTipp
Wir wollen reden: Die Redaktion stellt Betroffene vor, die ihr Schweigen brechen und über sexuellen Missbrauch sprechen. Dazu: Welche Hilfsangebote und Therapien gibt es in der Region? Und: Welche Warnsignale gibt es möglicherweise, bevor ein Missbrauch stattfindet? Interview mit einem Experten. Evtl. als Sonderseite.
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