Bahnocalypse Now
von Stefan Wirner
Schlimmer geht immer. Bei der Deutschen Bahn allerdings dachte man zuletzt, der Höhepunkt müsste doch langsam mal erreicht sein: ständige Verspätungen, liegengebliebene Züge, Ausfälle, Bauarbeiten und vieles mehr. Nun aber setzte die Süddeutsche Zeitung mit ihrer Enthüllung noch eins drauf. „Das Desaster bei der Deutschen Bahn wird immer größer“, berichtete die Zeitung vergangene Woche. „ Nun geraten auch noch die Fahrpläne völlig außer Kontrolle. Aufgrund der maroden Trassen müssen sie ständig geändert werden – allein 2024 mehr als zwei Millionen Mal.“ Und sie zitiert ein Mitglied des Aufsichtsrats: „Fahrpläne werden nicht mehr errechnet, sondern nur noch geschätzt.“ Die Rede war von einem „Kontrollverlust“.
Ein ständiges Problem sind die immensen Verspätungen. Laut Bahn war im Juli jeder dritte ICE oder IC verspätet. Inzwischen reagiert schon das Nachbarland Schweiz: Jeder zehnte Zug aus Deutschland wird inzwischen aufgrund seiner Verspätungen nicht mehr ins Land gelassen. Und während der Fußball-Europameisterschaft konnten Fußballfans aus ganz Europa am eigenen Leib erfahren, wie es ist - in Deutschland mit dem Zug zu fahren. In vielen europäischen Zeitungen hagelte es süffisante Kommentare.
Einige Beispiele, wie Lokalzeitungen über das anhaltende Desaster berichten:
- Hier die Recherche der Süddeutschen Zeitung. Zum Artikel (Paywall)
- Ohne Ankündigung fällt zwischen Adernach und Koblenz eine wichtige Regionalverbindung aus – Pendlerinnen und Pendler kommen plötzlich nicht weiter. Die Rhein-Zeitung berichtet über den Ärger. (Paywall)
- Wichtige Strecken zwischen Berlin und Brandenburg sind wochenlang gesperrt. Ein Redakteur der Märkischen Allgemeinen (Potsdam) macht den Selbstversuch, begibt sich in den Ersatzverkehr und fängt Stimmen der Mit-Pendler ein. Zum Artikel
- Neue Züge haben in Ingolstadt immer wieder technische Probleme, die zu Verspätungen und Ausfällen führen, die Bahn-Apps verweigern Informationen, und der Konzern schweigt zu Beschwerden. Die Leidensgeschichte erzählt der Münchner Merkur. Zum Artikel
- Mittlerweile an der Tagesordnung: Bahnführer kommentieren Missstände ironisch und liefern damit Material für eine Kolumne der Saarbrücker Zeitung. Zum Beitrag
- Die Rhein-Neckar-Zeitung aus Heidelberg schildert, wie der Mitarbeitermangel bei der Bahn auch die Stellwerke in der Region erreicht. Ein Sicherheitsproblem. Was hat die Personalpolitik damit zu tun? Zum Beitrag (Paywall)
- Massenhaft fallen Fahrten wegen der dünnen Personaldecke bei der Nürnberger S-Bahn aus. Warum es für die Zukunft wenig Hoffnung gibt, erläutern die Nürnberger Nachrichten. Zum Beitrag (Paywall)
- 2024 mit Regionalbahnen von Berlin an die Ostsee: Der Tagesspiegel resümiert, was das Deutschlandticket für einwöchige Urlaubsreisen bringt. (Erholung ist es nicht.) Zum Beitrag (Paywall)
drehscheibeTipps:
- Zum Jahresende: Das waren die Tiefpunkte des Bahnjahres. Fahrgäste aus der Region erinnern sich an ihre Horrortrips.
- Bahn-Auszubildende und die Zukunft: Was bewegt junge Menschen heute, trotz aller Krisen in das Arbeitsfeld einzusteigen? Welche Hoffnungen haben sie auf Verbesserungen?
- Vier Pendlerinnen und Pendler rechnen vor: Wie viel Arbeitszeit verlieren Menschen, die täglich die Bahn nutzen müssen, im Jahr an Freizeit?
- Mangel an Informationen: Eine IT-Expertin oder ein IT-Experte erklärt, was nicht rund läuft bei den Bahn-Apps, die eigentlich in Echtzeit informieren sollen.
- Auto versus Bahn, Klimasünde versus Stress: Zwei Personen, die jeweils von einem der beiden Verkehrsmittel überzeugt sind, diskutieren über die Zukunft ihres Arbeitsweges.
- Ein Wirtschaftsexperte schätzt, welchen finanziellen Ausfall die ständigen Bahnprobleme für Unternehmen in der Region mit sich bringen.
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