Nachruf auf Wolfgang Oechsner

Den guten Lokaljournalismus gelebt

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Wolfgang Oechsner, langjähriger Lokalchef der Kitzinger-Ausgabe der
 Main-Post, ist nach schwerer Krebskrankheit Mitte April verstorben. Ein Nachruf von Berthold L. Flöper, Leiter des Lokaljournalistenprogramms der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb.

Das Lokaljournalistenprogramm der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) verliert mit Wolfgang Oechsner einen kritischen, kompetenten und wohlwollenden Begleiter. Er war von 2000 bis 2005 Mitglied des Projektteams Lokaljournalisten der bpb und damit maßgeblich auch verantwortlich für viele Innovationen zur Verbesserung des Qualitätsjournalismus im Lokalen: Unvergessen sind das Modellseminar „Rotzfrech“ oder das Sportseminar zur Fußball-Europameisterschaft. Aber auch um die kontinuierliche Weiterentwicklung der drehscheibe kümmerte er sich. O-Ton Wolfgang Oechsner: „Ich lese die drehscheibe, weil sie Scheuklappen-Denken wirkungsvoll unterbindet, einen kostengünstigen, sprudelnden Ideenquell darstellt, Beleg für die Kreativität der Lokalredaktionen ist...“

Sein Wissen war gefragt, und damit behielten alle Angebote des Journalistenprogramms die Bodenhaftung und den Praxisbezug, die es unvergleichbar machen. Bevor es Facebook + Co. gab, waren hier Partizipation, das Mitmachen (und nicht von oben) und Transparenz angesagt. Ein einmaliges Netzwerk von KollegInnen für KollegInnen – von Konzepten und Ideen für den besseren Lokaljournalismus.

Wolfgang Oechsner war auch hier ein Vordenker, stand aber nicht am Katheder, sondern plante und handelte: Storys und Serien mit Konzept holte er ins Blatt, die die Leser bewegten. Beeinduckend seine Experimentierfreudigkeit, als er „seine“ Redaktion in Kitzingen 2007 zu einem außergewöhnlichen und bislang einmaligen Experiment zur Verfügung stellte: Die Kitzinger Oberbürgermeisterwahl sollte von einem bundesweiten Team von Kollegen an einem Wochenende crossmedial (Print, Online, Video) aufbereitet werden, und das nicht theoretisch – bis Montag mussten allen Kanäle bespielt werden, auch wenn man zuvor noch nie eine Kamera oder Mikrofon in der Hand gehalten hatte. Dieses Experiment klappte, auch wenn Wolfgang nach seinem fünften Kommentar-Aufsager vor der Kamera fluchend den Raum verlassen wollte. Wo viele Experten im Lande noch diskutierten, wurde hier schon die Zukunft vorausgedacht.

Dass viel mehr an Kreativität im Lokalen möglich ist, blieb der übrigen Republik nicht  verborgen: Wolfgang Oechsner und seine Redaktion erhielten den renommierten Lokaljournalistenpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung. Im Jahr 2005 konnte Wolfgang Oechsner den „W-Award - Deutscher Journalisten-Preis zur Bundestagswahl 2005“ der Bundeszentrale für politische Bildung entgegennehmen. Ein Jahr später würdigte eine Fachjury ihn als „kreativen Vorkämpfer im Bereich Lokaljournalismus“ und adelte ihn mit dem Titel „Journalist des Jahres“.

Ohne eine große Portion gelebter Menschenführung wären solche Erfolge nicht möglich. Die Main-Post hat es in ihrem Nachruf auf den Punkt gebracht: „Mit seiner einfühlsamen, achtsamen und freundlichen Art, Menschen zu führen, hat er Maßstäbe gesetzt. Es wäre ihm nie in den Sinn gekommen, sich als Chef der Kitzinger Redaktion – er leitete sie seit Juni 1986 – in den Vordergrund zu drängen.“

Mit ihm machte es Spaß, zu neuen Ufern aufzubrechen. Denn er nahm sich nicht so wichtig: Ich habe ihn für diese Art von Autorität immer beneidet. Auch wenn er nicht alle aktuellen Entwicklungen und Umbrüche in den Redaktionen teilte, war er seinem Verlag und der Chefredaktion immer loyal verbunden und dankbar, dass man ihm einen angemessenen Rückzug ins Private ermöglichte. Trotz der aufopfernden Unterstützung seiner Frau Anne und den Kindern Kristina und Michael hat es nicht wirklich ein Leben nach der Zeitung gegeben. Seinen Optimismus – auch bei seinen Freunden, sich bald wiederzusehen, behielt er bis zum Schluss.

Wir haben einen großartigen Lokaljournalisten – ich habe einen guten Freund verloren. Aber: Ein Mensch stirbt erst dann, wenn wir ihn vergessen – und das werden wir nicht.

 

Berthold L. Flöper

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