Junge Talente im Lokalen
von drehscheibe-Redaktion
Am Sonntag den 20. Juli kam der Presseclub Kassel zusammen, um die Preisträger des diesjährigen Claudia-Hohmann-Preises zu küren. Der Presseclub, ein Netzwerk von Journalisten, Pressereferenten und PR-Mitarbeitern aus der Region Kassel, widmet sich vor allem der Förderung des journalistischen Nachwuchses. Der Preis wurde in Gedenken an die 2009 verstorbene Claudia Hohmann, lange Zeit stellvertretende Lokalchefin der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen Zeitung (HNA) und Vorstandsmitglied des Presseclubs, gestiftet.
18 Einsendungen haben die Jury erreicht. Teilweise hätten die Bewerber auch mehrere Artikel eingesendet, erzählt die erste Vereinsvorsitzende Anne Riedel. Es gehe bei dieser Auszeichnung vor allem um die Anerkennung von aufschlussreichen Beiträgen und um die Motivation junger Nachwuchsjournalisten. Ähnlich sieht es Klaus Krimmel, Beiratsmitglied des Presseclubs, dem die Förderung substantieller Berichterstattung am Herzen liegt: „Es ist entscheidend, die Themen hinter den Themen zu recherchieren und so für neuen Informationsgehalt zu sorgen.“
Die beiden diesjährigen Gewinnergeschichten zeichnen sich durch ihren starken lokalen Bezug und durch eine kritisch-aufwendige Recherche aus. So gewann Nana Nkrumah, Volontärin bei der Pressestelle der Universität Kassel, mit einer Reportage über ein lokales Schülerforschungszentrum. Ihr Text „Ein Haus für junge Forscherinnen und Forscher“ ist im Universitätsmagazin publik erschienen. Im Schülerforschungszentrum Nordhessen (SFN), einem Kooperationsprojekt von Land, Landkreis, der Stadt und der Universität, können Kinder und Jugendliche unter professionellen Bedingungen und fachlicher Betreuung naturwissenschaftlich forschen. Nkrumah besuchte das Zentrum, sprach mit dem Leiter, mit Betreuern und vor allem mit den Schülern selbst. „Am Tag meines Besuchs waren fast 200 Kinder vor Ort“, sagt Nkrumah. Sie schaute sich zunächst alle Räume und laufenden Experimente an und entschied sich dann für drei Teams, die sie vorstellen wollte. Die Nachwuchsforscher erläuterten ihr die biochemischen, physikalischen und astronomischen Experimente, an denen sie arbeiteten. „Das war fachlich wirklich anspruchsvoll“, sagt Nkrumah. „Da musste ich später noch eine Menge nachlesen.“ Die wissenschaftlichen Aussagen besprach sie detailliert mit den Betreuern des Schülerteams und ließ den Text vom Leiter des Forschungszentrums absegnen. Aber auch die Vorarbeit war zeitintensiv. So recherchierte Nkrumah die Geschichte und Organisation der Einrichtung, sichtete Kooperationsverträge und Konzeptpapiere und sprach mit Beiratsmitgliedern des Zentrums.
Der zweite diesjährige Preisträger ist Jan Schumann, Redakteur der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen Zeitung. Er wählte einen investigativen Ansatz. Für seine Reportage „Erst angelockt, dann abgezockt“ begleitete er einen Leser bei einer Kaffeefahrt, die mit angeblichen Gewinnen beworben wurde und sich als Verkaufsveranstaltung herausstellte. „Ich habe mich nicht als Journalist zu erkennen gegeben“, sagt Schumann. „Aber ich bin den Veranstaltern natürlich aufgrund meines jungen Alters aufgefallen.“ Sie ließen ihn dennoch mitfahren und so verfolgte der Journalist die gesamte siebenstündige Veranstaltung. Die Reportage erschien schließlich auf einer Themenseite zusammen mit den Aussagen mitgereister Senioren und Hinweisen von Polizei und Verbraucherschützern im Blatt und im Netz. Im Anschluss an die Berichterstattung wandte sich eine Dame an die Redaktion, die sich bei einer Initiative zur Bekämpfung solcher Betrugsfahrten engagiert. Sie erläuterte Schumann das System und Geflecht der Gruppen, die an Kaffeefahrten verdienen. Auch lieferte sie Informationen zu den Hintergründen und Drahtziehern des vorliegenden Falles. „Meine Aufgabe war es dann, die Aussagen der Informantin zu verifizieren“, sagt Schumann. Er befragte Gerichtssprecher, die ermittelnde Staatsanwaltschaft und Kreisbehördenstellen und konnte so die Angaben bestätigen. Wenige Tage nach der Reportage erschien ein weiterer Text, in dem Schumann erklärte, wie das System Kaffeefahrt funktioniert und wie schwer es für Polizei und Justiz ist, dagegen vorzugehen.
Text: Andrea Hahn
Die Gewinnergeschichten können auf der Seite des Presseclubs Kassel heruntergeladen werden.
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