Nach Köln 2015

Wie sich Lokalzeitungen auf Silvester vorbereiten

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Die Kölner Silvesterereignisse aus dem Jahr 2015 haben die Republik erschüttert. Es kam zu massenhaften sexuellen Belästigungen von Frauen, allem Anschein nach vor allem seitens junger Männer aus dem Maghreb-Raum. Kritisiert wurde später auch, dass manche Medien angeblich zu spät darüber berichtet hätten. Wie stellen sich Lokalzeitungen in diesem Jahr auf Silvester ein? Wir haben nachgefragt.

Wir wollten wissen:

1. Wie bereitet sich Ihre Redaktion in diesem Jahr auf Silvester vor?
2. Wird die Redaktion stärker oder anders besetzt sein als früher?
3. Welche Schlüsse hat die Redaktion aus den Debatten nach den Ereignissen gezogen?
4. Erwarten Sie ähnliche Vorgänge wie im letzten Jahr?

Kölnische Rundschau

Zu 1.
Das ganze Jahr über hat sich ein Team in der Redaktion mit der Aufarbeitung der Übergriffe beschäftigt. Vor diesem Jahreswechsel schauen wir noch einmal zurück, sprechen mit Opfern und bilanzieren die politische und juristische Aufarbeitung. Die Staatsanwaltschaft erklärt, warum nur so wenige Fälle zur Anklage gekommen sind. Wir fragen Menschen in Köln: „Was hat sich geändert in dieser Stadt?“ In der Silvesternacht werden wir umfangreich auf allen Nachrichtenkanälen berichten, mit Journalisten aus dem Ausland sprechen und vor allem Frauen fragen: „Mit welchen Gefühlen sind Sie heute unterwegs?“

Zu 2.
Die Redaktion wird deutlich stärker besetzt sein als in den Vorjahren. Ein Team von Reportern und Fotografen wird in der Nacht berichten.

Zu 3.
Bei Straftaten richten wir noch stärker als früher den Blick auf kriminelle Muster, bandenartige Strukturen und Herkunft der Täter. Schon vor Silvester hatte die Rundschau groß über Diebstahlbanden im und am Hauptbahnhof berichtet. Die Arbeit der Polizei und mögliche Vertuschungen haben mehr Aufmerksamkeit bekommen, die Rundschau hatte als erste Zeitung überhaupt in ihrer Printausgabe groß über die Übergriffe berichtet. Das Thema „Sicherheit“ ist zentral in der Stadt geworden und hat mehr Gewicht im Blatt bekommen. Das ganze Jahr über hat die Redaktion intensiv über Schutzmaßnahmen im Domumfeld berichtet und auch andernorts den Blick auf Angsträume gerichtet.

Zu 4.
Nein, die Verzehnfachung des Polizeieinsatzes wird dafür sorgen, dass sich die Ereignisse nicht wiederholen.

Jens Meifert

Leitender Redakteur in der Kölner Lokalredaktion der Kölnischen Rundschau

Nürnberger Nachrichten

Zu 1.
Wir bereiten uns insofern vor, als wir eine umfängliche Vorberichterstattung wenige Tage vor dem 31.12. planen: Dazu gehören ein Leitartikel, der die Frage: „Was hat Köln verändert?“ aufgreift, und ein Rückblick samt Expertenstimmen aus der Region.

Zu 2.
Stärker besetzt nicht unbedingt, aber defintiv mit höherer Sensibilität versehen. Wir von der Chefredaktion wollen alle Kolleginnen und Kollegen, die unterwegs sind (ob beruflich oder privat) die Augen zu öffnen und gegebenenfalls uns Mitteilungen zukommen zu lassen, natürlich sind die Kolleginnen und Kollegen in Nürnberg besonders aufmerksam. Am 1.1. ziehen wir Bilanz, wohl mit einem Stimmungsbericht in Print für den 2.1., gleichzeitig läuft online einiges (evtl. Live-Ticker).

Zu 3.
Den Schluss aus der Debatte des Vorjahres gibt es nicht, aber eine Reihe von Ideen/Veränderungen: Wir wollen noch genauer hinsehen bei strittigen Ereignissen, wir wollen weiterhin offensiv die Leserinnen und Leser informieren, etwa über späte Klarheit über eine bestimmte Nachrichtenlage (à la Köln), und wir sind bei Leserhinweisen noch sensibler (etwa zu Übergiffen). Keinesfalls werden wir die Notwendigkeit, nur auf der Grundlage seriöser Quellen zu berichten, über Bord werfen. Es gilt also im Zweifelsfall: Seriosität vor Aktualität.

Zu 4.
Ich bin optimistisch, dass sich die Geschehnisse vom vergangenen Jahr nicht wiederholen werden.

Michael Husarek

Chefredakteur der Nürnberger Nachrichten

Mannheimer Morgen

Zu 1.
Nicht anders als sonst.

Zu 2.
Weder stärker noch anders.

Zu 3.
Die, dass Polizeiberichte manchmal zu anderen Einordnungen und Wertungen kommen und es deshalb hilfreich sein kann, bei bestimmten Ereignissen eigene Reporter vor Ort zu haben.

Zu 4.
Ich erwarte ein paar Trittbrettfahrer-Idioten, die vor allem das Flüchtlings-Image beschädigen wollen.

Dirk Lübke

Chefredakteur des Mannheimer Morgens

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