Modellseminar

Wir bitten die Seminarteilnehmer zum Gespräch

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Modellseminare und Redaktionskonferenzen sind ein fester und vielleicht der wichtigste Bestandteil des Lokaljournalistenprogramms der Bundeszentrale für politische Bildung. 3 M sind prägend: Meinungsaustausch, Motivation und der Mehrwert für den Redaktionsalltag. Aber wie sehen Teilnehmer das? Beim Modellseminar zur Zukunft der Stadt „Unter dem Pflaster liegt der Strand: Städte im Umbruch – Lokaljournalisten gestalten mit“, das Mitte Juni in Bonn stattfand, sprach die drehscheibe mit einer Seminar-Debütantin, einem Wiederholungstäter und einem alten Hasen.

„Eine gute Mischung“

Christina Bendigs, 30, war zum ersten Mal bei einem Modellseminar. Sie hat nach dem Abitur Journalismus/Medienmanagement an der Hochschule Magdeburg-Stendal studiert und gleichzeitig als Freie bei der Volksstimme gearbeitet. Seit zwei Jahren ist sie Redakteurin in Salzwedel.

Frau Bendigs, wie sind Sie auf das Modellseminar Stadt aufmerksam geworden?

Meine Chefin hat mir das Seminar vorgeschlagen, das Thema klang spannend.

Und wie war’s?

Sehr interessant. Ich fand, es war durch die Bank weg eine gute Mischung aus verschiedenen Themengebieten und Aspekten. Da irgendwas rauszuheben, möchte ich nicht.

Was hat Ihnen für die eigene Arbeit am meisten gebracht?

Am meisten die Gruppenarbeit: Wir sind intensiv auf Themensuche gegangen, haben viel Brainstorming gemacht und überlegt, wie man bestimmte Themen umsetzen kann. Auch aus den Vorträgen nimmt man Denkanstöße und neue Ideen mit. Heute früh haben wir einen Vortrag über Stadt und Raum gehört, ich werde mir die Stadt unter diesem Aspekt neu anschauen – mehr nach Räumen und was sie für die Bewohner bedeuten. Ich glaube, dass nicht nur die zentralen Plätze wichtig sind, sondern dass es auch verborgene Plätze zu entdecken gilt.

Kommen Sie wieder?

Wenn es sich ergibt, auf jeden Fall!

„Mir gefällt der große Input“

Alexander Zimmermann, 26, war zum dritten Mal – in drei Jahren – bei einem Modellseminar. Er ist seit 2009 Redakteur bei den Weinheimer Nachrichten, zuvor hat er drei Jahre lang als freier Mitarbeiter dort gearbeitet. Nebenberuflich studiert er Journalismus an einer Fernuniversität.

Herr Zimmermann, nach Storytelling und Wirtschaft nun das Modellseminar Stadt. Sind Sie süchtig?

Ich war der erste aus unserem Haus, der ein Modellseminar besucht hat. Ich war nach dem ersten Mal gleich ziemlich begeistert. Mir gefällt der große Input, der mit einer großen Portion Engagement vermittelt wird, und dass es sehr stark um Inhalte geht. Es herrscht eine kreativere Stimmung als bei einem – in Anführungszeichen – „normalen“ Seminar.

Dürfen Sie denn einfach weg aus der Redaktion?

Nein, im Gegenteil. Es ist wirklich gewünscht, dass wir eines, gern zwei Seminare pro Jahr besuchen. Natürlich ist es schwer für die Kollegen, die haben eine harte Woche. Aber es gab kein Murren!

Was nehmen Sie aus dem Modellseminar mit?

Mehr Spaß und neue Motivation, Kreativität für die nächsten Wochen. Es bleibt der Gedanke, mal einen neuen Dreh zu finden und Themen anders aufzugreifen. Das ist durchgängig. Die Reader der Seminare habe ich gesammelt und schaue immer wieder gern rein. Nicht zuletzt habe ich jedes Mal Kollegen kennengelernt, zu denen auch noch Kontakt besteht.

Haben Sie Wünsche für die nächsten Modellseminare?

Ich würde sagen: Weitermachen wie bisher, aber das klingt ja langweilig. Vielleicht könnte man auf drei Tage reduzieren, dann wären die Teilnehmer nicht so lange weg aus ihren Redaktionen. Aber auch nicht kürzer! Kreativität und Offenheit entstehen nicht in zwei Tagen.

„Wichtig, über den Tellerrand zu schauen“

Johann Stoll, 51, war im Modellseminar Stadt derjenige, dessen erstes Modellseminar am weitesten zurückliegt. Schon 1996 besuchte er das Modellseminar „Bieder oder bissig. Neue Lust auf Politik“, das damals ebenfalls in Bonn stattfand. Seit dem Jahr 2005 leitet er die Redaktion der Mindelheimer Zeitung. Von 2009 bis 2013 war er Mitglied im Projektteam Lokaljournalisten, in Bonn hat er die die Arbeitsgruppe „Stadtführer – mit Datenjournalismus anders informieren“ geleitet.

Herr Stoll, vom Teilnehmer zum Teamer – war das ein großer Sprung?

Am Anfang war ich überrascht, weil ich nicht wusste, was da auf mich zukommt. Man muss mit gruppendynamischen Prozessen umgehen, sich zurücknehmen und die Leute machen lassen. Und es gibt in jeder Seminarwoche ein Tal, das man akzeptieren muss – ohne es persönlich zu nehmen.

Warum machen Sie das?

Weil ich es für absolut wichtig halte, über den Tellerrand zu schauen. Es ist ein Glücksfall, dass es eine solche Fortbildung gibt. Hausintern haben wir das ja alle: Excel-Schulungen oder wie man mit Powerpoint arbeitet. Aber zusammen mit interessierten Kollegen über den Beruf und die Inhalte nachzudenken, das trägt einen über viele, viele Wochen.

Was ist die prägendste Erfahrung für Sie?

Wie viele gute Kollegen es gibt, die bei allen Zwängen des Zeitungmachens noch Lust und Spaß am Journalismus haben. Bei der Redaktionskonferenz „Land in Sicht“ 2012 hat mich erstaunt, was selbst Einzelkämpfer noch machen können und wollen. Dass sie den Anspruch haben, dass man als Lokaljournalist etwas bewegen kann, und das zumindest gelegentlich umsetzen.

Im nächsten Jahr leiten Sie das Modellseminar zur Kommunalpolitik. Was bedeutet das für Sie und was dürfen die Teilnehmer erwarten?

Das ist eine völlig neue Ebene, wir müssen uns gewaltig anstrengen. Es soll dabei nicht um Kommunalpolitik im engen Sinne – der Haushalt, die Abstimmung im Stadtrat – gehen, sondern darum, die Relevanz von politischen Entscheidungen fürs Lokale herauszuarbeiten. Mit meinem Co-Leiter Marc Rath hoffe ich, dass wir Politik anders erzählen können. So, dass sie Journalisten und auch den Lesern wieder Spaß macht.

Interviews und Text: Gabi Pfeiffer

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