Best Practice Rechtspopulismus
von Antonia Eichenauer
Wie geht man mit Hass und Misstrauen gegenüber bestimmten Gruppen um? Wie lassen sich gezielt gestreute rechtspopulistische Gerüchte entkräften? Die drehscheibe hat eine kleine Sammlung von guten Beispielen zusammengestellt und mit Helmuth Rücker, Leiter der Lokalredaktion des Vilshofener Anzeigers, einer Lokalausgabe der Passauer Neuen Presse, über das Vorgehen seiner Zeitung gesprochen.
Einladung
In der Debatte, die von rechtspopulistischen Gruppen angeführt wird, werden Medien immer wieder als „Lügenpresse“ bezeichnet. Den Medien wird darüber hinaus vorgeworfen, dass sie „von oben“ gelenkt werden. Solchen Vorwürfen in Leserbriefen oder Facebook-Kommentaren begegnet Helmuth Rücker einerseits damit, dass er in der Antwort erklärt, dass er nicht ferngesteuert sei und keine Politiker bei ihm anriefen, die ihm die kommende Ausgabe in die Feder diktierten. Andererseits lädt er die Kritiker und Kommentatoren ein, ihn bei seiner Arbeit zu begleiten und so mit eigenen Augen zu sehen, wie Journalisten arbeiten. „Die Leute sollen sich ihre Bestätigung für eine staatliche Lenkung der Medien selbst abholen“, findet Rücker. Auf sein Angebot ist bisher noch niemand eingegangen.
Als ihm zum Beispiel zugetragen wurde, dass in einem Freibad in der Stadt Flüchtlinge Radau machten und Mädchen angafften, die sich nun nicht mehr in das Freibad trauten, versuchte er dem nachzugehen. Er fand dabei viele diffuse Vorwürfe, aber keine glaubwürdigen Quellen, die diese bestätigten. In einem Leserbrief wurde ihm prompt vorgeworfen, falsch recherchiert zu haben. „Ich machte daraufhin dem Schreiber und jedem anderen Leser das Angebot, gemeinsam in das Freibad zu gehen und die Situation zu beobachten“, erzählt Rücker. Doch am verabredeten Tag kam niemand, um ihn bei der Recherche zu begleiten. So ging er alleine, sprach mit den Leuten im Freibad und schrieb einen vorsichtigen Artikel, in dem er die Vorwürfe widerlegte. „Die Leserbriefe ließen nicht lange auf sich warten“, sagt Rücker. „Dieses Mal wurde geschrieben, dass es voraussehbar wäre, dass keine jugendlichen Flüchtlinge Mädchen belästigen, wenn ich mich als Journalist im Freibad ankündige.“
Fast 40 Jahre ist Rücker nun Journalist, doch er habe noch nie erlebt, dass sich Menschen so wenig durch Fakten und so sehr durch gefühlte Wahrheiten leiten ließen. Auch früher gab es Leserbriefe, in denen falsche Tatsachen behauptet wurden. Eine einfache Widerlegung der Behauptungen mit der Anmerkung, dass aus diesem Grund der Brief nicht gedruckt werden könne, reichte da aber aus. „Heute wird mir Zensur vorgeworfen, wenn ich einen Leserbrief nicht drucke“, klagt Rücker. „Aber Zensur, das ist wirklich etwas anderes!“
Trotzdem, Rücker denkt nicht ans Aufgeben: „Auch wenn noch niemand auf meine Einladung gekommen ist, spreche ich sie mit wachsender Freude immer wieder aus.“
Helmuth Rücker
Zeitung: Vilshofener Anzeiger (Passauer Neue Presse)
Mail: helmuth.ruecker@pnp.de
Tel.: 08541 – 966115
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