Ein Tweet sagt mehr als tausend Worte
von Antonia Eichenauer
Soziale Netzwerke sind heute nicht mehr nur Ort des persönlichen Austauschs zwischen Freunden. Unternehmer, Politiker und auch Verlage nutzen die Netzwerke, um ihre Inhalte an die Nutzer zu bringen.
Idee
Die Zeitung beobachtet intensiv die Aktivitäten der Kandidaten in sozialen Netzwerken. Wer postet wann was? Wie viel des Wahlkampfes findet online statt? Wie viele Kommentare bekommt ein Kandidat? Wie reagieren die Netzgemeinde und andere Politiker auf bestimmte Aussagen? Wie wird mit Hasskommentaren umgegangen?
Vorbereitung
Damit der Berg an Posts überschaubar bleibt, konzentriert sich die Zeitung auf die Abgeordneten des Wahlkreises – oder nur auf ein soziales Netzwerk. Auf Facebook können dafür unter Interessen eigene Feeds und auf Twitter eigene Listen mit den Profilen der Kandidaten aus dem Wahlkreis und der Kreisverbände der Parteien angelegt werden. Bei Instagram und Snapchat können keine persönlichen Listen zusammengestellt werden. Deshalb kann es hier hilfreich sein, für die Zeit des Wahlkampfes mit einem Extra-Account nur die Profile der Kandidaten aus dem Wahlkreis und der Kreisverbände der Parteien zu abonnieren.
Umsetzung in Schritten
- Zunächst wird ein Stimmungsbild der Leser erstellt. Wie intensiv nutzen sie die sozialen Medien, um sich über Kandidaten und Parteiprogramme zu informieren? Wie relevant sind die Posts ihrer Meinung nach für den Wahlkampf? Wie schätzen sie die Glaubwürdigkeit der Profile von Kandidaten ein? Oder haben sie eigentlich die Nase voll von professionellen Accounts in sozialen Netzwerken?
- Die Auswertung der Beobachtungsreihe erfolgt auf datenjournalistischer Grundlage. Die Zeitung stellt beispielsweise zunächst die Menge der Tweets, Posts, Bilder und Snaps in einer Grafik dar. So wird gezeigt, wie aktiv die einzelnen Kandidaten sind. Diese Posts können im Anschluss nach politischen und privaten Inhalten getrennt ausgewertet werden. Legt der Kandidat den Fokus eher auf einen inhaltlichen Wahlkampf oder versucht er mit seiner Persönlichkeit zu überzeugen?
Die Interaktionsrate kann an einzelnen Beispielen ausgewertet werden. Auf welche Inhalte reagieren Wähler besonders häufig? Überwiegen dabei positive oder kritische Kommentare?
Es bietet sich darüber hinaus an, in einer Grafik die Beziehungen zwischen den Politikern darzustellen. Wer folgt wem? Wer kommentiert die Posts von wem? Ein Beispiel aus der analogen Welt lässt sich hier finden, ein Beispiel aus der digitalen Welt hier.
- Auf Facebook, Twitter und Instagram wird viel mit Hashtags gearbeitet. Haben die Parteien und Kandidaten eigene Hashtags für den Wahlkampf? Wenn das der Fall ist, kann die Zeitung zunächst in einer sich laufend aktualisierenden Grafik darstellen, wie häufig diese Hashtags verwendet werden. Redakteure geben in begleitenden Texten Erklärungsversuche für Ausreißer ab.
In Stichproben wird daneben analysiert, in welchem Kontext diese Hashtags verwendet werden. Werden sie nur von Unterstützern oder auch von Kritikern genutzt? Gibt es bei Twitter lokale trending topics, die mit der Wahl zu tun haben?
- Der Inhalt sollte natürlich auch eine Rolle spielen. Die Spitzenkandidaten der aussichtsreichen sechs Parteien werden für diese Auswertung ausgewählt. Bei ihnen wird genau hingesehen, worüber sie mit ihren Wählern oder auch Kritikern in den sozialen Medien reden.
Dreh
Neben den offiziellen Pressemitteilungen, welche die Redaktion bekommt, und den Hintergrundrecherchen untersuchen die Redakteure nun die Fassade, die Politiker den Wählern im Netz zeigen. Sie nehmen also den Standpunkt eines „ganz normalen Bürgers“ ein. Durch ihr Wissen können sie die Aktivitäten der Politiker in den sozialen Medien für die Leser einordnen.
Veröffentlichungsweisen
Online
Statistiken in Form von statischen und animierten Grafiken, die den Zeitverlauf zeigen, werden auf der Webseite der Zeitung kommentiert gezeigt. Links können auf die gesamten Datensätze verweisen, um Transparenz bei der Auswertung zu demonstrieren.
Im Blatt wird zunächst der Leserumfrage ausgewertet. Was denken sie zum Wahlkampf in den sozialen Medien? Die inhaltliche Analyse der ausgewählten Kandidaten eignet sich als sechsteilige Serie im Blatt, in der auf die Statements und ihre Auswirkungen auf die Debatte eingegangen wird.
Interviews mit den Kandidaten ergänzen die Beobachtungen, welche die Redakteure gemacht haben. Ein Kommunikationsexperte erklärt, wie Kandidaten Mechanismen und Dynamiken in sozialen Netzwerken nutzen – oder ungenutzt vorbeiziehen lassen.
Soziale Medien
Die Posts, um die es in der inhaltlichen Auseinandersetzung geht, können als Teaser für den Artikel in der Druckausgabe auf den Profilen der Zeitung geteilt werden. Jeweils mit dem Hinweis, dass dieser Post in der heutigen Ausgabe analysiert wird.
Teaserbild (c) Fotolia - Coloures-pic
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