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Politische Blogs und wo sie zu finden sind

von

Wortwolke Blogs
Erstellt mit LinguLab.de

Bei den letzten Bundestagswahlen waren Blogs ein großes Thema in der Berichterstattung. Viele ehemalige Blogger sind inzwischen Kolumnisten geworden, einige Blogs haben sich professionell aufgestellt und ihr Angebot vergrößert. Wie steht es um die aktuelle Rolle von Blogs in der Wahlkampfberichterstattung? Die drehscheibe sprach mit Professor Dr. Christoph Bieber, Politikwissenschaftler und Professor für Ethik in Politikmanagement und Gesellschaft an der Universität Duisburg-Essen. Er ist Gründungsvorstandsmitglied von politik-digital e.V.

Interview mit Christoph Bieber

Herr Prof. Bieber, Sie sind Gründungsvorstand von politik-digital e.V., beschäftigen Sie sich dort auch mit Blogs?

Blogs sind eigentlich ein Thema, das in den letzten paar Jahren in Vergessenheit geraten ist, zu groß war wohl das Interesse an sozialen Netzwerken. Zumal sich Blogs in Deutschland nie so richtig etabliert haben. Es gab vielleicht 2005 um die Bundestagswahl eine kurze Blütezeit der politischen Blogs, weil viele Bundestagskandidaten anfingen, im Vorfeld der Wahl etwas Persönliches ins Internet schreiben. Aber danach ist das eigentlich relativ schnell wieder in der Versenkung verschwunden, nicht zuletzt weil eben die politischen Akteure selbst das Interesse daran schnell wieder verloren haben. Andererseits entsteht allmählich der Eindruck, dass das politische Bloggen ein kleines Comeback feiert. Das finde ich durchaus bemerkenswert, aber es gibt eine große Konkurrenz: die meiste Aufmerksamkeit und Aktivität fließt eher in die sozialen Medien – und hier vor allem in Richtung Facebook.

Inwiefern stellt Facebook eine Konkurrenz für Blogs dar?

Der Erfolg der sozialen Netzwerke hat zuletzt zu einem noch nicht sehr beachteten Effekt geführt: Manche Facebook-Profile von Prominenten und mehr oder weniger politischen Personen kann man inzwischen in eine ähnliche Schublade sortieren. Nehmen Sie etwa die Facebook-Postings von Mario Barth, vielleicht sein hochgradig uninformiertes Video aus New York, vor dem Trump Tower – das ist ein Inhalt, den man vor einiger Zeit eher in einem Weblog gefunden hätte. Facebook-Profile, die sehr viele Fans, Freunde oder Abonnenten haben, werden teilweise so bespielt, wie man das von klassischen Weblogs kennt. Das ist etwas, das für den Bundestagswahlkampf durchaus relevant werden kann. Hier entstehen reichweitenstarke Plattformen, die Menschen erreichen, die klassische Medien gar nicht mehr nutzen, aber dadurch einen Einblick in politische Debatten finden – oder zumindest in das, was mehr oder weniger prominente Leute für Politik oder Debatten halten. Und das ist eine gefährliche Entwicklung – hier müssen insbesondere öffentlich-rechtliche Medien gegensteuern, indem sie Raum für gute, qualitätsvolle und attraktive Online-Inhalte schaffen. Möglicherweise ist das neue Content-Netzwerk Funk hier ein erster Schritt – gute Blogs gibt es dort allerdings auch nicht.

Gibt es denn noch klassische Blogs?

Das kommt sehr stark auf verschiedene Parameter an. Es gibt Webseiten, die man als Blogs bezeichnen kann oder die sich selbst so bezeichnen. Ich vermute mal, wenn wir über Netzpolitik.org reden, dann könnten wir das Angebot auch als ein politisches Blog bezeichnen, obwohl mittlerweile viel mehr dahintersteckt - ein Online-Magazin, eine Konferenz, eine Whistleblowing-Plattform. Auch unser Angebot Politik-Digital.de würde sich nicht wirklich politisches Blog nennen, obwohl einige Elemente und Texte genau dieses Format aufgreifen. Ganz sicherlich gibt es Formate, die als einfaches Weblog begonnen haben, sich aber in den letzten Jahren erheblich professionalisiert haben.

Wie grenzen sich denn solche Online-Magazine von Blogs ab?

Das sind der Grad der Professionalisierung, die Form der Angebote, die gewählt werden; das sind nicht nur Texte und Bilder, sondern auch Offline-Veranstaltungen, Videos und Kampagnen. Das sind alles nicht unbedingt Dinge, die man im klassischen Weblog findet, in dem eine oder mehrere Personen in einer zeitlich geordneten Folge Texte, Bilder und Kommentare, vielleicht auch Videos, posten. Diese Merkmale finden wir doch eigentlich immer seltener.

In welchen Bereichen finden sich denn noch Beispiele dafür?

Es gibt natürlich gute klassische Blogangebote, die mit Politik nichts zu tun haben. Typischerweise Mode-, Technik- oder Foodblogs, die werden uns im Wahljahr aber nicht wirklich helfen. Ansonsten achte ich als Wissenschaftler natürlich darauf, welche Kollegen und Kolleginnen über ihre Arbeit als Politik- oder Sozialwissenschaftler bloggen. Das ist für Journalisten durchaus eine gute und wichtige Informationsquelle, ist aber nicht immer leicht zu lesen, denn es werden gerne auch mal kleinteilige Spezialdiskurse geführt.

Blogs und ähnliche Formate von unserem Experten

Blogähnliche Online-Magazine
  • Politik-digital.de
    Informiert über Netzpolitik und bietet Politikerchats an. Prof. Bieber ist Vereinsvorsitzender des Trägervereins politik-digital e.V.
  • Netzpolitik.org
    Beschäftigt sich mit Themen rund um Internet, Gesellschaft und Politik.
Wissenschaftliche Blogs
  • Soziologie.de/blog
    Blog der Deutschen Gesellschaft für Soziologie
  • Theorieblog.de
    Dient als Forum für politische Theorie, Philosophie und Ideengeschichte. Neben wissenschaftlichen Ideen werden auch tagespolitische Ereignisse diskutiert.
  • Bretterblog.wordpress.com
    Blog, das sich auf globale Politik und aktuelle politische Debatten fokussiert hat. Die Blogger sind Doktoranden sowie wissenschaftliche Mitarbeiter der Gesellschaftswissenschaften.
Blogs und blogähnliche Formate von Zeitungen
  • Blog.zeit.de/zweitstimme
    Blog von Zeit Online in dem viele verschiedene Autoren zu politischen Themen bloggen
  • Causa.tagesspiegel.de/kolumnen
    Kolumnen im Rahmen von Tagesspiegel Causa, dem Online-Debattenmagazin der Zeitung. Die Kolumne von Thorsten Faas entspricht zum Beispiel Blog-Content, der an ein Onlineangebot angedockt ist.
  • Andrearoemmele.de/medienberichte
    Focus.de/politik/experten/roemmele
    Die Autorin schreibt oft in Blogform für verschiedene Medien, zuletzt regelmäßig in der Gastkolumne auf Focus Online.
  • Blogs.faz.net
    Blognetzwerk der FAZ, auf dem Redakteure Texte publizieren, die zum Teil nicht im regulären Blatt erscheinen. Darüber hinaus werden Texte von Bloggern und Bloggerinnen dort veröffentlicht
Internationale Angebote
  • Yanisvaroufakis.eu (stellvertretend für Politikerblogs)
    Yanis Varoufakis ist einer der wenigen Politiker der ernstzunehmend gebloggt hat und das manchmal auch noch tut. Solche Politiker gibt es in Deutschland jedoch so gut wie nicht.
  • Medium.com
    US-amerikanische Internetseite, die verschiedenen (englischsprachigen) Blogcontent bündelt und die Reichweite verstärkt.
Lokale Blogs
  • Ruhrbarone.de
    Die Autoren der Ruhrbarone schreiben nicht nur über Ruhrgebietsthemen, aber verstärkt über die Themen aus Nordrhein-Westfalen. Sie recherchieren zum Teil investigativ und kommentieren aktuelle Themen.
  • Kleinerdrei.org
    Autorinnen und Autoren versammeln verschiedene Themen. Der Blog könnte, wenn die Wahlen näher rücken, politischer werden
Christoph Bieber

Prof. Dr. Christoph Bieber

Universität Duisburg-Essen
Welker-Stiftungsprofessur für Ethik in Politikmanagement und Gesellschaft
Mail: christoph.bieber@uni-due.de

Tipps zum selbst erstellen

Wordpress
Vergleichsweise einfache Möglichkeit selbst Blogs zu erstellen, mit vielen Optionen. Lokalredaktionen können etwa einen Wahlenblog, der getrennt vom Rest der Webseite läuft, betreiben. Kostenlos – 24,92 EUR pro Monat (für zusätzliche Funktionen).

Blogger
Google bietet ebenfalls eine unkomplizierte Möglichkeit zum Bloggen. Die Nutzung des Systems ist kostenlos, man benötigt lediglich ein Google-Konto.

Die Redaktion empfiehlt:
Screenshot des Blogs Neukoellner.net

Seit dem Jahr 2011 gibt es Neukoellner.net, einen hyperlokalen Blog, der aus dem Berliner Bezirk Neukölln berichtet. Die drehscheibe sprach mit der stellvertretenden Chefredakteurin, Sabrina Markutzyk, darüber, was ihr Blog besser macht als andere.

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